: "Nicht so langsam ...
■ ... sie sterben drüber." Erstes kirchliches Aids-Büro in Altona eröffnet
in Altona eröffnet
Aids ist für viele KirchenvertreterInnen immer noch ein Schmuddelthema. Nicht wenige irritiert daher die offene Art, in der Miguel-Pascal Schaar seine Arbeit als Aids-Beauftragter des Kirchenkreises Altona verrichtet. Heute nun eröffnet der 25jährige Theologiestudent das erste Aids-Büro der Nordelbischen Kirche.
Dem Raum in der Altonaer Friedenskirche sieht man noch deutlich an, daß er früher einmal als Sakristei gedient hat. Von hier aus betreut Schaar Aids-Kranke, HIV-Infizierte und deren Angehörige. Er berät Gemeinden und kirchliche MitarbeiterInnen, die unsicher im Umgang mit betroffenen Gemeindemitgliedern sind. Mit seinem Nothilfefonds will Schaar Aids- Kranken unbürokratisch bei finanziellen Problemen helfen. Dafür hat er allerdings nur ein mageres Budget zur Verfügung. (Spenden: Haspa, BlZ 20050550, Konto 1268/122064)
Der Arbeitsdrang des Aids-Beauftragten wird oft von der Schwerfälligkeit kirchlicher Gremien gebremst. „Dabei geht Zeit verloren, die Menschen mit Aids nicht haben“, sagt Schaar. Sein Motto ist ein Spruch des Hamburger Theologen Johann Wichern (1801-1881), dem Gründer des „Rauhen Haus“: „Nicht so langsam, sie sterben drüber.“ Daher zieht Schaar es vor, zu handeln, statt lange Entscheidungsprozesse abzuwarten. Dieser in der Amtskirche ungewohnte Arbeitsstil schafft zusätzliche Reibungspunkte zum Tabu-Thema Aids-Kranke. Auf Nachfrage in der Bischofskanzlei läßt Oberkirchenrat Kurt Ziehbold gemischte Gefühle für den Altonaer Aids-Beauftragten durchschimmern: „Ich halte die Initiative für vorzüglich. Ich füge aber hinzu, daß
1Herr Schaar diese Arbeit nicht entdeckt hat.“ Dann bemüht er sich, das Gespräch auf andere kirchliche Mitarbeiter zu lenken, die bei ihrer täglichen Seelsorge mit Aids-Kranken zu tun haben.
Schaar kennt seine Kritiker: „Schwierigkeiten bekomme ich nur von oben. Gemeindepfarrer und die Kirchenbasis stehen voll hinter meiner Arbeit.“ Werner Hinzpeter
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen