: Demonstration teilt Hamburgs Polit-Lager
■ Aufruf zur militärischen Intervention in Bosnien nicht nur bei der GAL umstritten / Gegenseitige Vorwürfe bei den Grünen
nicht nur bei der GAL umstritten / Gegenseitige Vorwürfe bei den Grünen
Für Tilman Zülch, Chef der renommierten Göttinger Menschenrechtsorganisation „Gesellschaft für bedrohte Völker“ gibt es keine andere Chance: „Das einzige, was den Menschen in Bosnien-Herzegowina Hilfe bringen könnte, sind gezielte militärische Schläge aus der Luft gegen die Aggressoren.“ Für Samstag ruft seine Organisation deshalb zur Demonstration nach Hamburg — und sorgt so für politischen Zündstoff in den Parteien der Hansestadt.
Nicht nur innerhalb der GAL ist der mit der Demonstration verbundene Aufruf zu einer „entschlossenen Aktion der internationalen Gemeinschaft, die keinen Weg des Handelns ausschließt“, umstritten. Keine Hamburger Partei konnte sich entschließen, ihren Namen unter den Aufruf zu setzen. Statt dessen Untergliederungen der CDU (Frauen-Union und Junge Union), einige CDU-Bürgerschaftsabgeordnete, ein einziger SPD-Abgeordneter, FDP-Chef Robert Vogel und die Mehrheit der GAL-Abgeordneten. Ansonsten Enthaltsamkeit, die Zülch gestern in einer Pressekonferenz so kommentierte: Viele führende Politiker seien „zu feige, Roß und Reiter zu nennen“.
Während SPD, CDU und FDP die Interventions-Diskussion in Hamburg noch nicht öffentlich austragen, fliegen bei den Grünen nach wie vor die Fetzen. So warf GAL- Parlamentarierin Conny Jürgens, die die Demonstration mit ihrem Mitstreiter Martin Schmidt weitgehend vorbereitet hat, der Friedensbewegung gestern vor, angesichts des Völkermords in Ex-Jugoslawien völlig verstummt und zu einer Analyse der Situation nicht fähig zu sein.
Im Gegenzug verfaßte der GAL- Landesverband Hamburg gestern ein Flugblatt, in dem den Interventionsbefürwortern vorgehalten wird, durch ihre Haltung die Parteien dieses Bürgerkriegs zu ermutigen, „die Kämpfe zu verschärfen“. Im Gegensatz zu dem Demonstrationsaufruf fordert das GAL-Flugblatt „den ausdrücklichen Verzicht auf alle Formen militärischer Intervention in Ex-Jugoslawien“. GAL- Landesgeschäftsführer Aram Ockert sieht in dem von Conny Jürgens verantworteten Interventions-Aufruf zwei Wochen nach einem gegenteiligen Beschluß einer GAL- Mitgliederversammlung gar eine „äußerste Provokation“. Und jene drei GAL-Bürgerschaftler, die den Aufruf nicht unterschrieben haben, verbreiteten gestern eine Erklärung, daß ihre Fraktionskollegen „keinesfalls im Namen der Grüne/ GAL-Fraktion sprechen, wenn sie einen Einsatz von Militär im ehemaligen Jugoslawien fordern“. uex
Die Demonstration, zu der auch kroatische, moslemische und bosnische Vereine aufrufen, beginnt am Samstag, 12 Uhr, am Carl-Legien-Platz
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