Erst nur die Bananen, jetzt auch die Äpfel...

■ Bundes-Fruchtimporteure kritisieren EG-"Abschottungspolitik" und sorgen sich, vollkommen uneigennützig, um die Lieferländer

und sorgen sich, vollkommen uneigennützig, um die Lieferländer

Unter deutschen Fruchtimporteuren herrscht Aufruhr: Als „massive Behinderung für Importeure“ hat der Bundesverband Deutscher Fruchthandelsunternehmen (Hamburg) das jüngst verhängte Lizenzsystem für Apfelimporte aus Drittländern durch die EG-Kommission kritisiert. „Erst die Bananen, jetzt die Äpfel — die EG errichtet durch ihre Abschottungspolitik zunehmend eine ,Festung Europa'“, sagte der Geschäftsführer Ulrich Boysen am Freitag in Hamburg. Leidtragende seien nicht nur Händler und Verbraucher, sondern auch die liefernden Drittländer — wie Neuseeland, Chile, Südafrika, Argentinien, Brasilien und Australien.

Durch ein Lizenzsystem für Apfelimporte aus Ländern der südlichen Hemisphäre hat die EG ein neues Instrument zur Marktbeobachtung eingeführt. Danach müssen europäische Fruchthändler für jede Einfuhr eine Lizenz beantragen und pro 100 Kilogramm eine Kaution von 1,5 ECU (rund drei DM) hinterlegen. Diese Regelung beschert den Händlern nicht nur „mehr bürokratischen Aufwand“, sondern auch ein „höheres Geschäftsrisiko“, so Herbert Scholdei, Geschäftsführer der Hamburger T. Port GmbH & Co.

Da die Lizenz nur für 40 Tage gelte, könnte sie schon bei Schiffsverspätungen verfallen. Hinfällig sei damit dann auch die Kaution. „Wir werden uns bei Bestellungen entsprechend vorsichtiger verhalten“, so Scholdei. Für den Verbraucher seien Preiserhöhungen nicht zu erwarten, allerdings könnte das Angebot aus diesen Ländern zurückgehen. „Dies ist ein unnötiger Eingriff in den freien Handel“, so Scholdei. Der Fruchthandelsverband befürchtet bereits weitere EG-Einschränkungen für andere Produkte.

Das EG-Lizenzsystem kam für die Fruchtimporteure „völlig überraschend“. Bislang wurden jedes Jahr im Februar die „Größenordnungen der Einfuhren“ mit den Ländern aus dem Süden in Brüssel neu verhandelt, erläutert Boysen das Verfahren. Auch in diesem Jahr habe man bereits kurz vor einer Einigung — „auf einen Durchschittswert der vergangenen drei Jahre“ — gestanden, als die EG-Kommission das Lizenzsystem bekanntgab. Einfuhrquoten für die in diesem März bevorstehende Ernte in diesen „Drittländern“ seien offiziell nicht festgelegt worden. Nur für Importe aus Chile seien Beschränkungen auf 203 000 Tonnen „informell“ im Gespräch.

„Die EG-Regel schwebt wie eine Keule über dem Handel“, meinte Boysen, da die Lizenzvergabe jederzeit gestoppt werden könnte. Einfuhrbeschränkungen seien angesichts der derzeitigen „Rekordbestände“ in der EG nicht ausgeschlossen: 1992 wurden 13 (1991: sechs) Millionen Tonnen Äpfel in Europa geerntet, wovon noch drei Millionen Tonnen in Kühllagern liegen, sagte Boysen. Nach Schätzungen des europäischen Bauern-Dachverbandes COPA dürfte die Apfeleinfuhr aus Drittländern in diesem Jahr um mehr als 100 000 Tonnen auf 729 000 Tonnen Äpfel steigen.

Nach Deutschland wurden 1991 rund 731 000 Tonnen Tafeläpfel eingeführt, davon 35,4 Prozent aus Drittländern (Neuseeland: 69 000, Chile: 56 000, Südafrika: 49 000, Argentinien: 39 000). Die übrigen kamen aus den EG-Nachbarstaaten, berichtet die Zentrale Markt- und Preisberichtsstelle (ZMP/Bonn). Durch das Apfel-Überangebot seien in Westdeutschland die Kilopreise im Keller: „Golden Delicious“ kosten durchschnittlich 2,51 (1991: 4,43) DM pro Kilo, Cox Orange 2,65 (5,20) DM. dpa