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Fremdenhaß und Fremdenverkehr

Busaka (UPS/GNR) – Auf dem Treffen der Internationalen „World Tourism Association“ (WTA) letzte Woche in Busaka/Japan sprachen die deutschen Mitglieder die Empfehlung aus, an alle internationalen, regionalen und örtlichen Fremdenverkehrsämter mit dem Ziel heranzutreten, den Appendix „Fremd“ auszumerzen. Statt dessen solle der global unverfängliche Begriff „Tourist Information“ gewählt werden. Die WTA begründet ihr Vorgehen damit, daß in der letzten Zeit zunehmend Asylanten, Aussiedler und andere Fremdrassige die Informationsstellen aufgesucht hätten, die ausschließlich für Touristen reserviert seien. Mit der Umbenennung könnte dieser Mißbrauch verhindert werden.

Diese Verbindung von Fremdenfeindlichkeit und Tourismus in einer Pressemitteilung der „Gruppe Neues Reisen“ (GNR) zu einer diesbezüglichen Veranstaltung auf der Internationalen Tourismusbörse in Berlin ist so abstrus nicht. Wo der Tourist die Sonnenseite des Lebens sucht, ist die Begegnung mit dem Fremden in Not desillusionierend. Der Urlaubsort ist der Ort der Freiheit, die Asylstelle der Ort der Notwendigkeit. Zweimal gelebte Fremde und doch gänzlich anders: Entgrenzung einerseits und Abgrenzung andererseits. Eigentlich hat das eine mit dem anderen gar nichts zu tun, außer daß man in jeweils anderer Konstellation – diese ist vor allem ökonomisch definiert – Kontakt mit dem Fremden aufnimmt. Kein Land ist im Tourismus zu fern, keine Kultur zu fremdartig. Wieder zu Hause, eskaliert der Fremdenhaß. Für den Urlauber ist die andere Kultur, sagen wir: die srilankische, der Sandkasten seiner Wünsche und Bedürfnisse unterm blauen Himmelszelt; begegnet er dem asylsuchenden Tamilen hier, ist dieser Schmarotzer im sozialen Netz der Republik. Rückt das Fremde zu sehr auf die Pelle und zeigt sich in seiner ärmlichen und repressiven Realität, wird es unangenehm. Es läßt keinen Spielraum mehr für schicke, lustvolle Projektionen. Denn für den gelungenen Urlaub kann der Tourist allenfalls einen kleinen Ausschnitt der anderen Realität – den feinsten eben – gebrauchen. Reisen bildet nur bedingt, in der Hauptsache – wie Studien belegen – manifestiert es mitgebrachte Vorurteile. Der Ruf nach Völkerverständigung im Tourismusgeschäft verhallt an den Mauern der Club-Paradiese.

Sollen die Touristikbosse, nachdem sie schon heftig um Ablaß für Öko-Sünden kämpfen müssen, nun auch noch für die verpatzte Völkerverständigung herhalten? Immerhin steht die TUI mit einem afrikanischen Massai-Kriegstanz auf dem Folkloreabend in Malindi ganz in der Tradition des Abendlandes, wo schon Rousseau die Mär vom edlen Wilden aufbrachte. Die Reiseveranstalter reagieren auf schlichte Bedürfnisse. Sie sind keine Pädagogen für Kulturkontakt und Völkerbegegnung. Sie verkaufen Exotik, wie gewünscht, ob nun einer Kontakt oder Prostitution sucht, ist ihnen völlig egal. Solange sie keinen offenen Rassismus predigen, sind sie wohl kaum verantwortlich für die Nichtbegegnung im Tourismus. Oder sollen sie neben einheimischer Folklore nun auch noch den ganz persönlichen Teeabend – in Alternativveranstalterkreisen durchaus üblich – aufs Programm setzen. Damit wäre selbst das fremde Wohnzimmer folklorisiert.

Die Nichtbegegnung im Tourismus ist eine strukturelle und kolonialistisch geprägte. Verantwortlich sind die Reiseveranstalter nur insofern, als sie am meisten von diesen Strukturen profitieren. Ihr Interesse ist daher in erster Linie, diese zu verfestigen. Sie aber nun mit der Volkserziehung in Sachen Kosmopolitisches zu beauftragen, wäre der falsche Ansatz. Dafür sind immer noch Schulen und Politiker die wichtigere Adresse. Die Qualifizierung des Angebots auf dem weltweiten Reisemarkt hängt in erster Linie von der Nachfrage ab. Und sobald die klischierte Begegnung mit dem Fremden gegen den Trend steht, werden die Reiseveranstalter als erste umschwenken. Begegnung kann man nicht programmieren. Denn Fremdenfeindlichkeit hier und Exotismus dort sind die zwei Seiten derselben Medaillen von unaufgeklärtem Weltbild, hartnäckigen Vorurteilen und der Angst vor dem real anderen, das sich nicht als Projektionsfläche eignet. Edith Kresta

Veranstaltungen zum Thema auf der ITB:

„Braun aus dem Urlaub, Braun auch zu Hause – Fremdenhaß und Fremdenverkehr“. Veranstaltung der Gruppe Neues Reisen im ICC, Saal 9, Dienstag, 9.3., 14–16 Uhr.

„Wie du kommst gegangen... Dient der Tourismus der Völkerverständigung? Live-Sendung des Deutschlandfunks, Palais am Funkturm, Mittwoch, 10.3., 10.10– 11.30 Uhr.

„Viel gereist – nichts gelernt? Ausländerfeindlichkeit und Auslandsreiseerfahrung der Deutschen.“ Kirchenforum, Donnerstag, 11.3., 10–12 Uhr.

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