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„Fuchs glaubte, einen großen Mann zu kriegen“

■ Wie aus dem Rathaus die kulturpolitische Initiative kam und für Heyme zu Buche schlug / Zur Vorschichte des Theaterstreits

„Herr Wedemeier, wir warten auf ein Machtwort“, leitartikelte der stellv. Chefredakteur des Weser-Report am Wochenende empört: „Wie lange will die Politik in dieser Stadt sich noch selbst konterkarieren?“ Großer Theaterstreit, Kultursenatorin besteht auf Einhaltung des für das Theater vorgesehenen Finanzrahmens, Intendant Hansgünther Heyme sagt, unter den Bedingungen kann er keine Kultur machen - da kann Herr Kruse nicht schweigen.

Der Mann kennt sich leider recht wenig aus. Denn es war ausgerechnet das Rathaus in Gestalt des Staatsrates Andreas Fuchs, dessen Versuch, Kulturpolitik zu machen, nun gescheitert ist. Den Staatsrat Fuchs hatte es zum Aufsichtsratsvorsitz des Bremer Theaters gedrängt, der damalige Kultursenator Scherf hatte ihm großzügig den Posten überlassen.

Der Kandidat für die Tobias Richter-Nachfolge am Bremer Theater war 1991 eigentlich Friedel Schirmer gewesen, der erfolgreiche Freiburger Intendant, der seiner Geburtsstadt Bremen besonders verbunden ist. Besser: War. Schirmer ist seit der Zeit sauer auf Bremen: Alles geht klar, war ihm von Fuchs erklärt worden, während der Fuchs längst unter der Hand mit Heyme verhandelte. Heyme selbst hatte sich per Brief in Bremen beworben, was in der Branche unüblich ist. In der Fachwelt galt damals sein Stern schon nicht mehr als einer der hellsten, der Freiburger Schirmer hatte sehr viel mehr den Ruf eines Mannes der Zukunft, aber woher soll ein Ratshaus-Chef das wissen. „Fuchs glaubte, einen großen Mann zu kriegen“, sagt heute der frühere Kultursenator Franke.

Einen Tag vor der entscheidenden Sitzung des Aufsichtsrates rief Schirmer damals privat bei Fuchs an, weil ihm Gerüchte über die Gespräche mit Heyme zu Ohren gekommen waren. Dem Staatsrat war die Angelegenheit sehr unangenehm und er bat um Verständnis für seine Lage mit den Worten — so erinnert sich jedenfalls Schirmer: Es wird der Öffentlichkeit schwer zu vermitteln sein, daß so ein nowbody wie Schirmer Herrn Heyme überholt. (Schirmer wird übrigens demnächst Nachfolger von Bosse in Stuttgart.)

Der Aufsichtsrat folgte dann dem Fuchs-Vorschlag und entschied sich für Heyme. Daß der Aufsichtsratsvorsitzende Probleme Heymes 360.000 Jahresgehalt hatte - Tobias Richter bezog 190.000 Mark — wird nicht berichtet. Heyme mußte ja im Gegenzug den Bremer Theater- Etat akzeptieren. Außer vagen Versprechungen, im Notfalle ließe sich vielleicht außerhalb des ordentlichen Etats oder etwa mit Lehrer-Stellen etwas schieben, konnte Heyme immerhin eine kleine Erhöhung aushaldeln: Tobias Richter hatte noch akzeptiert, daß aus den 46 Millionen Theater-Etat auch die 1,6 Millionen Zins und Tilgung für den Theaterumbau finanziert werden. Heyme konnte erreichen, daß er diese 1,6 Millionen zusätzlich zur Verfügung hat und die Tilgung anders finanziert wird.

Als dann der Intendanten- Kandidat aber erklärte, er bringe da seinen Mitarbeiter Franz Peschke mit, der solle zum „stellvertretenden Intendanten“ gekürt werden, gab es die erste Verstimmung. Diese Stelle gab es vorher in Bremen nicht, und 10.000 Mark Monatslohn waren auch kein Pappenstiel. Bei 6000 Mark soll Peschke schließlich gelandet sein, und sein Titel ist mit „Berater des Generalintendanten für Sponsoring und Koproduktion“ offiziell festgelegt. (Da unter Heyme Gagen-Summen recht offen verhandelt werden, erlauben wir uns hier die Angabe der im Theater kursierenden Zahlen unter Vorbehalt — in die Gehaltsbogen geschaut haben wir natürlich nicht).

Warum man in Bremen so gegen Peschke war? Morgen mehr. K.W.

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