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Eisiges Klima in der Zinnschmelze

In der Barmbeker Zinnschmelze ist ein Grabenkrieg zwischen den Vereinsmitgliedern ausgebrochen, der dort zu jenen absurden Auswüchsen geführt hat, die sich bei allen alternativen Betrieben einstellen, sobald es ums liebe Geld geht. Mit den formalen Mitteln des Vereinsrechtes kämpfen plötzlich ehemalig basisdemokratisch arbeitende Gruppen um die Vorherrschaft in dem „soziokulturellen Zentrum“. Jahrelang verdeckt wirkende persönliche und inhaltliche Konflikte entluden sich in höchst zweifelhaften Methoden bei der Aufnahme neuer Mitglieder und in einstweiligen Verfügungen gegen Mitgliederversammlungen.

Auslöser war ein letztes Jahr entdecktes Defizit von knapp 20000 Mark aus 1991 und die daraus resultierende Debatte über Schuld, Einsparungsmaßnahmen und Strukturreformen. Alte Ressentiments gegen Popkultur auf der einen, der Verdacht linksspießige Wohnzimmerkultur einführen zu wollen auf der anderen Seite führte jetzt dazu, daß die mitgliederstärkere Seite mit zielgerichteter Aufnahme- beziehungsweise Ausschlußpolitik „ihren Standpunkt durchsetzen wird“, so Jörg Brettschneider von der Mehrheitsfraktion. Man habe sich jahrelang „die Köpfe heißgeredet“ und jetzt müßten endlich Entscheidungen fallen.

Die minderheitliche „Musiker“- Fraktion reagierte darauf jetzt mit einem offenen Brief, in dem der anderen Seite vorgeworfen wird, sie wolle das Musikprogramm eliminieren. Diese erklärt, daß Disco und Musikgruppen nicht genügend Publikum zögen. Sabine Bending, Mitarbeiterin des Zentrums am Barmbeker Bahnhof, spricht von einer von langer Hand vorbereiteten Intrige und undemokratischem Verhalten. 18 Mitglieder der Theaterjugend wurden aufgenommen, drei ihrer Kandidaten dagegen nicht.

Die Kulturbehörde, die die Zinnschmelze mit 230000 Mark fördert, wird sich laut Magrete Wulf, Referentin für Stadtteilkultur, aus dem Konflikt solange heraushalten, wie keine Förderungskriterien verletzt werden. tlb

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