piwik no script img

Stempel „Gegen Rassimus“ umstritten

■ Ermittlungen gegen Anwältinnen

Berlin. Die Staatsanwaltschaft am Kammergericht hat gegen vier Rechtsanwältinnen ein standesrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das anwaltliche Werbeverbot eingeleitet. Die Anwältinnen stempeln auf ihre Schriftsätze seit geraumer Zeit die Worte „Gegen Rassimus“, um so gegen „die alltäglich werdenden Menschenrechtsverletzungen Position zu besitzen“. An der Aktion beteiligen sich rund 15 AnwältInnen. Daß bislang nur gegen vier ermittelt wird, begründete Justizsprecher Rautenberg damit, der Staatsanwaltschaft am Kammergericht seien noch keine Schriftsätze anderer Anwälte mit dem Stempel aufgefallen.

Im Falle einer Anklageerhebung müßte sich das Ehrengericht mit der Angelegenheit beschäftigen. Zu der Frage der möglichen Sanktionen wollte sich Rautenberg gestern nicht äußern, weil die Staatsanwaltschaft die Sache „nicht so hochhängen“ wolle. In dem an die vier Frauen gerichteten Schreiben begründet die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren so: Der Aufdruck „Gegen Rassimus“ suggeriere, daß sich die Anwälte in ausländerrechtlichen Angelegenheiten besonders engagierten. Dies sei Werbung und somit nicht erlaubt. Die davon betroffene Anwältin Undine Weyers zur taz: Sie bearbeite überhaupt keine ausländerrechtlichen Fälle und könne deshalb auch nicht mit dem Aufdruck für sich werben. „Gegen Rassimus“ zu sein, sei „erste BürgerInnenpflicht“.

Der Stempel ist allerdings auch in Kollegenkreisen umstritten. Die Rechtsanwaltskammer hält es grundsätzlich für standesrechtlich unzulässig, anwaltliche Briefköpfe mit Erklärungen wie „Gegen rechts“ oder „Gegen links“ oder „Für Deutschland“ oder „Pro Olympia“ zu dekorieren. Die Ermittlungen gegen die vier Frauen stoßen aber auf keine Zustimmung. Die Staatsanwaltschaft werde damit wohl nicht weit kommen, meint die Geschäftsführerin der Anwaltskammer, Vera von Doetinchem. plu

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen