: Allerhöflichste Geduld
■ 101 Bremer Kunstwerke in Moskau sind neue Verhandlungssache
101 Zeichnungen und Drucke, die ursprünglich aus Bremen kamen, hatte am letzten Dienstag ein unbekannter Mittelmann in der deutschen Botschaft in Moskau abgegeben. Das verschnürte 55 mal 40 Zentimenter große Paket enthielt Werke von Dürer, Breughel, Menzel, Manet und Toulouse- Lautrec, die meisten versehen mit dem Stempel des Bremer Kunstvereins. Der Überbringer, der wiederum von Unbekannten gesandt worden war, ließ ins Übergabeprotokoll aufnehmen, daß mit der Rückgabe der Bilder auf alle möglichen Ansprüche verzichtet werden würde.
Das aber heißt nicht, so Dieter Opper, Fachmann für die Rückgabe kriegsbedingt nach Rußland geratener Kunstschätze in der Kulturbehörde, daß die Drucke und Zeichnungen nun einfach mit dem Kurierdienst nach Bremen geschickt würden:
„Wir befinden uns seit dem 10. Februar in offiziellen Gesprächen mit der russischen Kulturbehörde wegen der Rückführung der Baldin-Sammlung“, so Opper, „ da könne wir jetzt nicht einfach die Verschickung der Zeichnungen und Drucke verlangen. Wir haben allergrößtes Interesse an zivilen und kooperativen Verhandlungen.“
Zuallererst also wird der deutsche Botschafter in Moskau an die dortige Kulturbehörde schreiben und Kontakt aufnehmen. Zwar hatte der Pressesprecher der Botschaft schon gegenüber der Presse geäußert, es werde keine Probleme mit der Rückführung der neuen Funde geben, weil sie nicht Teil der bisherigen Rückführungs- Verhandlungen seien, aber, so gibt Opper zu bedenken: „Das kann zwar gut und gerne das Ergebnis der neuen Gespräche sein, wir wollen das allerdings auf keinen vorwegnehmen.“
Die Eröffnung der vielbesprochenen Baldin-Ausstellung mit 138 Werken aus Bremen, die der ehemalige Architekturstudent Victor Balldin aus dem Keller eines Brandenburger Schlosses nach Rußland mitgenommen hatte, wird nach einer Verschiebung jetzt vermutlich am 19. März in Moskau stattfinden. Helga Trüpel wird dort sein und mit anderen Bremer Vertreterinnenn bei dieser Gelegenheit auch die neuen Funde ansehen.
„Wir haben“, sagte Dieter Opper, „ein so großes Interesse, daß diese Ausstellung möglichst bald nach Bremen kommt, daß wir uns auf keinen Fall in der Angelegenheit der neuen Funde ungeduldig zeigen wollen.“
CoK
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