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Zum Tod von Anna Oppermann

Beinahe jeder Mensch besitzt irgendwo eine Ecke, in der sich Kitsch und persönliche Kostbarkeiten sammeln. Die Hamburger Künstlerin Anna Oppermann hat die Technik solcher Hausaltäre zum Kunstprinzip erhoben. Erst werden in einer Raumecke Zeichnungen, Zeitungsausschnitte, geschriebene Texte und Objekte inszeniert, diese dann fotografiert, das Foto ebenfalls eingefügt und im nächsten Schritt das Ganze als Ausgangspunkt neuer Konnexionen benutzt. Eine solche Methode ist strukturell unendlich. Es gibt keinen anderen Abschluß als den Verlust des Interesses oder in letzter Konsequenz den Tod. Und eben dieser entfernte die krebskranke Künstlerin im erst 53. Lebensjahr vorgestern aus dem Lebenszusammenhang.

In Hamburg geboren, studierte sie auch hier an der Kunsthochschule. Seit 1968 freischaffend, blitzten in den Siebziger Jahren ihre vergoldeten Augenwimpern durch die Hamburger Szene, während ihr Werk immer komplexer wurde. 1977 war sie auf der dokumenta VI, 1987 auf der VIII vertreten, 1984 richtete Uwe M. Schneede der inzwischen international renommierten Künstlerin im Kunstverein eine große Retrospektive aus.

1982 wurde sie Dozentin in Wuppertal, 1990 Professorin in Berlin. Ihr Wohnsitz blieb jedoch immer Hamburg, wo Kunsthalle und Altonaer Rathaus jeweils einen der hochkomplexen Räume besitzen. Ihre Ensembles bieten Aufklärung ganz im Sinne der vorrevolutionären französischen Enzyklopädisten des 18. Jahrhunderts. Ihr Vermächtnis kann nur sein, sich stets der Komplexität immer gleichzeitig präsenter Zusammenhänge zu vergegenwärtigen. Hajo Schiff

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