: Wegelagerer an der A2
■ An der Autobahn Frankfurt/Oder kassieren russische Banden mittellose PKW-Besitzer aus der GUS ab/ 500 Mark pro Auto
Frankfurt/Oder. Mitten in der Nacht auf einem Parkplatz an der Autobahn A2: Vier russische Fahrer, die arglos in ihren Wagen schlafen, werden von mehreren Männern überfallen. Die Forderung der russisch sprechenden Bande: Um durch Polen zu fahren, müßten die Fahrer pro Auto 500 Mark Schutzgeld abdrücken. Weil sich die Fahrer sträuben, durchwühlen die Täter die Autos selbst nach Geld. Die Ausbeute fällt mit 80 Dollar jedoch sehr mager aus. Bevor sie sich davonmachen, geben sie den Fahrern noch den Rat mit auf den Weg: Wenn sie in Polen in eine erneute „Kontrolle“ kämen, sollten sie sagen: „die Gruppe Daria“ habe schon abkassiert. Dann könnten sie unbehelligt weiterfahren.
Der Kriminalpolizei Frankfurt/ Oder sind inwischen zwei solcher Vorfälle bekannt. Der erste ereignete sich am vergangenen Donnerstag, der zweite am Samstag. Immer waren die Tatorte Parkplätze an der Autobahn Richtung Frankfurt/Oder zwischen den Abfahrten Storkow und Fürstenwalde. Am Samstag hatte es vier Litauer getroffen, die gerade im Begriff waren, ihre vier in Holland gekauften PKW via Polen nach Hause zu bringen. Sie seien mit Pistolen dazu gezwungen worden, die Autos zu verlassen, berichteten die Männer, die die geraubte Diebesbeute gegenüber der Kripo auf 1.000 Mark und 80 Dollar bezifferten. Diesmal soll sich die Bande „Gruppe Tarassow“ genannt haben.
Nach Angaben des Polizeisprechers von Frankfurt/Oder, Dieter Schulz, hat die Kripo es auf der Strecke nach Polen nicht zum ersten Mal mit dieser Form der Kriminalität zu tun. 1991 hätten sich schon einmal Banden darauf spezialisiert gehabt, auf Parkplätzen „auf BRD-Territorium“ polnische Autofahrer zu überfallen. Die Täter hätten einer deutschen und einer rumänischen Gruppe angehört. Diese Banden kämen für die jüngsten Überfalle jedoch nicht in Betracht, weil sämtliche Mitglieder noch in Haft säßen. Die Kripo, die jetzt wegen Erpressung gegen Unbekannt ermittelt, tippt laut Schulz auf Russen. Etwaige Erkenntnisse, ob eine Mafia dahinterstecke, gebe es bislang nicht. Ob in Polen ähnliche Fälle bekannt seien, wisse man aufgrund des schlechten Informationsflusses nicht, bedauerte der Polizeisprecher. Die Opfer seien durchweg mittellose Russen und GUSler, die hier beim Militär oder zu Besuch gewesen seien. Viel zu holen sei bei diesen Leuten nicht. Denn meist stecke ihr ganzes Vermögen in der „Schlorre“ (altes Auto), in der sie von den Tätern aus dem Schlaf geholt worden seien. plu
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