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Schlappe für den Staatsanwalt

■ Bewährungsstrafen wegen Randale in Leipzig-Connewitz

Leipzig (taz) – Mit Bewährungsstrafen zwischen sechs und zwölf Monaten endete am Dienstag der erste Prozeß wegen der Randale im Stadtteil Connewitz im vergangenen November. Ingo B. (18), Danny D. (19) und Detlev K. (24) war von der Staatsanwaltschaft gemeinschaftlicher Landfriedensbruch in besonders schwerem Fall in Tateinheit mit gemeinschaftlicher schwerer Körperverletzung vorgeworfen worden. Die drei saßen seit dem 28.11. 92 in Untersuchungshaft. Haftverschonung war im Dezember wegen der zu erwartenden hohen Strafe und Fluchtgefahr abgelehnt worden.

Zu den Auseinandersetzungen im Abbruch- und Szeneviertel Connewitz war es gekommen, als die Polizei zwei randalierende Jugendliche festgenommen und einen von ihnen durch einen „Warnschuß“ in die Hüfte verletzt hatte. Dieser Vorfall, Gerüchte über bevorstehende Häuserräumungen sowie das provozierende Vorgehen der Polizei führten zur bis dahin schwersten Straßenschlacht in Leipzig. Die Folge: Verletzte, brennende Autos und Barrikaden, ein von der Polizei gestürmtes Jugendzentrum sowie 41 Haftbefehle wegen Landfriedensbruchs.

Den drei Jugendlichen, die eingeräumt hatten, Steine auf Wasserwerfer und aus weiter Entfernung auch in Richtung Polizei geworfen zu haben, wurde von der Staatsanwaltschaft insbesondere vorgeworfen, bei der späteren Räumung des Jugendzentrums „Zoro“ mit Steinen und Eisenstangen gegen die Beamten vorgegangen zu sein. Einziges Indiz hierfür: eine Lichtbildmappe, auf der die Zeugen der Polizei die Beschuldigten seinerzeit identifiziert haben wollen. Jetzt konnte sich keiner der Belastungszeugen an irgend etwas von Belang erinnern. Häufigster Satz während der Beweisaufnahme: „Das kann ich Ihnen nicht sagen.“ Derart entblößt forderte selbst Staatsanwalt Scholz lediglich Bewährungsstrafen.

Mit dem jetzigen Urteil blieb der Vorsitzende der Kammer, Werner Meier, ein Sachsenimport aus Nürnberg, im unteren Bereich des Strafmaßes. Sowohl bei den Zeugenvernehmungen als auch bei der Urteilsbegründung nahm Meier auf die sozialen und politischen Verhältnisse in Connewitz Bezug. Das Verfahren zeige, wie bestimmte soziale Konfliktlagen in der Vorstellungswelt der Jugendlichen empfunden würden und in Gewalt umschlagen könnten. Er könne die Motive der Angeklagten durchaus verstehen, was freilich nicht bedeute, daß sie sich rechtfertigen ließen.

Der Spruch löste bei den Eltern und den über hundert ZuschauerInnen Freude, aber auch Bitterkeit aus. „Wenn etwas skandalös ist, ist es die lange Untersuchungshaft“, meinte ein Freund. Ende März wird voraussichtlich das zweite Verfahren in Sachen Connewitz eröffnet. Uwe Rada

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