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Mit Logistik gegen Müll

■ Unternehmer und Wissenschaftler auf dem 2. Hamburger Logistik-Kolloquium: Müll-Vermeidung in allen Produktions-Bereichen

: Müll-Vermeidung in allen Produktions-Bereichen

„Wenn morgens um acht das Fünfminuten-Ei fertig ist, die Brötchen vom Bäcker geholt, die Tischdecke und die Kaffeetasse sauber sind und dann auch noch ein Tisch für das Frühstück vorhanden ist, so ist das Logistik“, erläutert Günther Pawellek, Professor an der Technischen Universität Harburg. Dort nahmen gestern 60 Unternehmensvertreter und Wissenschaftler am 2. Hamburger Logistik-Kolloquium teil. Die Lehre der Planung, Steuerung und Überwachung von Material-, Personen-, Energie- und Informationsflüssen in Systeme wird vor allem angewandt um Lagerung und Transport von Waren möglichst kostengünstig und zeitsparend zu organisieren.

Umweltorientierte Aspekte hätten die Logistiker bislang wenig berücksichtigt, sagte Pawellek. Dabei erfordert gerade die Bewältigung von Umweltschutzproblemen ein hohes Maß an Planung und Organisation von den Betrieben. Das dringendste Logistik-Problem ist zur Zeit die Entsorgung. „Erst dort anzufangen, wo bei der Herstellung Abfälle entstehen, ist zu spät“, erklärt Pawellek. Eine umweltorientierte Logistik erfaßt Öko-Aspekte bereits bei Materialbeschaffung, Produktionsanlagen, Produkt-Gestaltung und Recycling.

Vertreter von Hamburger Unternehmen stellten gestern ihre Ansätze für ökologisch orientierte Unternehmens- und Entsorgungslogistik vor. „Früher konnte man die alten Gabelstapler gewinnbringend an den Schrotthändler verkaufen, der zahlte 500 bis 1000 Mark pro Fahrzeug. Heute ist Stahl bekanntlich nicht mehr so gefragt, und die Entsorgung eines Gabelstaplers kostet uns 2000 Mark“, berichtete Dieter Helmke, Vetriebsleiter bei Jungheinrich, einem der weltweit größten Hersteller von Gabelstaplern. Das Unternehmen nimmt dennoch Altgeräte von den Kunden zurück. 80 Prozent der Stapler würden wiederverwendet, so Helmke. Um das Recycling der Fahrzeuge zu ermöglichen, werden schon in der Produktion wiederverwertbare Kunststoffe eingesetzt, anstelle von früher 15 Kunststoffarten heute nur noch zwei bis drei.

Der ebenfalls in Hamburg ansässige Wellpappenhersteller Europa Carton sammelt sämtliche Abfälle und führt sie im Recycling der Produktion wieder zu, erläuterte Dr. Jürgen Bruns. Im Kreislauf wird aus Altpapier Karton, daraus werden Wellpappe und Faltschachteln hergestellt, aus den Abfällen wiederum Altpapier und so fort.

Entsorgungslogistik benötigt auch der Hamburger Reifen-Produzent Phoenix. Beim Gummi-Recycling werden aus gemahlenen Abfällen Platten oder Matten. Schon 55 Prozent der Produktionsabfälle seien 1992 wiederverwertet worden, so Friedrich Wilhelm Gräbner von der Phoenix-AG.

Dennoch steckt die umweltorientierte Logistik überall noch in den Anfängen. Alle Verantwortlichen zu zwingen, beziehungsweise zu motivieren, entsorgungsorientiert zu produzieren, sei ein langer Prozeß. Diese Befürchtung äußerte gestern Gerard Mc Govern von der Verpflichtungsgemeinschaft betriebliche Abfallwirtschaft und setzt auf den Staat: „Wenn ein Produzent sich auf der Grundlage von Gesetzen darauf einrichten muß, alles was er ausstößt, wieder reinzubekommen, stellt er von allein die Produktion um.“ Vera Stadie

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