: Bilder in bacchantische Irre
■ Fotoausstellung „Schattenräume“ von Gabriele Schwark in Angestelltenkammer
Ein Foto ist ein Foto und eine Landschaft ist eine Landschaft. Wo das eine vorgibt, das andere zu sein, sprechen wir von einem Landschaftsfoto. Die Frage nach der Existenz einer Fotolandschaft stellt sich bei dieser Betrachtungsweise kaum, verbietet sich durch fast alle Konventionen des Wahrnehmens.
Die Lichtbildnerin Gabriele Schwark aus Hamburg deklariert ihre foto-graphischen Arbeiten ausdrücklich als Schattenräume. Geöffnet werden uns diese Schwarz-Weiß-Zonen des irritierten Schauens derzeit in einer Ausstellung im Foyer der Angestelltenkammer, das in seiner hellen Funktionalität keinerlei Dialog mit den Fototafeln aufnimmt und sie damit für sich beläßt.
Und tatsächlich haben die Fotoräume dem Betrachter ohnehin genug zu sagen. Widersprüchliches allerdings, denn so wie Kino im Kopf stattfindet, während auf der Leinwand das Licht spielt, so entnimmt auch hier der Ausstellungsbesucher den Fotografien seine eigenen Räume.
Gabriele Schwark hat Motive der realen Welt auf den Film gebannt, ohne kompositorische Kopfstrategie, aber auch ohne Anspruch an Dokumentation und technische Eindeutigkeit. Assoziativ beamen die Motive den einen in das Prag des Golem und den anderen in das Rothenburg der knipsenden Japaner.
Eine Szene am morbiden Teich einer verrotteten Villa, Betreten verboten und doch getan: Und irgendwo schaut in die verlorene Idylle die Künstlerin selbst hinein, als Ikone einer Anarchistin (Gabriele Schwark ist ja Autorin eines wunderbaren kleinen FIlmes über „Die Gesicher der Emma Goldmann“) .
Eine griechische Landstraße, unmittelbar in die bacchantische Irrde führend und dort, das ist Weimar. Goethe. Schiller. Und das Lager. Ist das Weimar?
Eine jegliche stoße sich selbst an den Ecken dieser Schatten- Räume, die ohnehin keine geograpgischen Namen tragen. Verbrauchertip zum Schluß: Der schlicht-gefällige Katalog zur Ausstellung wird kostenlos abgegeben.
Ulrich Reineking-Drügemöller
Noch bis zum 26.März
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen