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Tunnel werden doch gebaggert

■ Tiergarten: Nur der Eisenbahntunnel wird unterirdisch gebohrt, für drei andere Tunnel wird gebaggert / Der Bau kostet insgesamt 4,2 Milliarden Mark / Daimler-Benz will "Tunnel unter dem Tunnel"

Berlin. Die Planungen für die vier Tunnel unter dem Tiergarten sind weitgehend abgeschlossen. Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) stellte gestern Trassenverläufe, Bautermine und Bauverfahren des Eisenbahn-, der U- und S-Bahn- sowie des vierspurigen Straßentunnels vor. Nur der Eisenbahntunnel soll schonend unter dem Tiergarten durchgebohrt werden, für alle drei anderen Tunnel werden – entgegen bisherigen Verlautbarungen – Baugruben ausgehoben. Beginn der Bauarbeiten aller vier Tunnel ist Mitte 1995 – zu Verzögerungen beim Bau des Regierungsviertels soll es nicht kommen. Nagel veranschlagte gestern Kosten in Höhe von 4,2 Milliarden Mark. Wer glaube, daß der Bund davon die 600 Millionen Mark für den Straßentunnel zu 100 Prozent trage, sei naiv, meinte Nagel.

Die Projekte im einzelnen:

–Der viergleisige und vier Kilometer lange Eisenbahntunnel beginnt im Norden am Hamburg-Lehrter Stadtbahnhof, unterquert Spree, Regierungsviertel, Tiergarten und den Potsdamer Platz und endet am Gleisdreieck. Seine Bahnhöfe: Der Lehrter Bahnhof soll vier Bahnsteige und Umsteigemöglichkeit auf die S 21 und U 5 haben; der Bahnhof Potsdamer Platz zwei Bahnsteige und Verbindungen mit drei S-Bahn-, zwei U-Bahn-Linien und der Straßenbahn.

–Die S 21 verläuft parallel zum Eisenbahntunnel. Ihre Bahnhöfe: Lehrter Bahnhof, Reichstag, Potsdamer Platz, Gleisdreieck.

–Der U-Bahn-Tunnel (4,5 Kilometer) geht vom Alex über Unter den Linden, Brandenburger Tor bis zum Lehrter Bahnhof. Die U-Bahnhöfe: Friedrichstraße, Pariser Platz, Reichstag, Lehrter Bahnhof.

–Der Straßentunnel geht vom Lehrter Bahnhof durchs Regierungsviertel bis zu den Kanaluferstraßen.

Der Straßentunnel erhält überraschenderweise an beiden Enden jeweils zwei Ein- und Ausfahrten. Im Norden an der Heide- und Invalidenstraße, im Süden am Kemperplatz und Reichpietschufer. Eine Brücke über den Landwehrkanal ermöglicht den Anschluß an das Schöneberger Ufer. Die Lage der Aus- und Einfahrten für die beiden Investoren Sony und Daimler-Benz am Potsdamer Platz ist noch nicht geklärt. Wie eine beteiligte Ingenieurin der taz berichtete, möchte Daimler einen „Tunnel unterm Tunnel“, so daß der Lieferverkehr am Kemperplatz hineinfahren kann, im Daimler-Benz- Privat-Tunnel unter der Erde wendet und den öffentlichen Straßentunnel wieder am Kemperplatz verläßt. Die ökologischen Schäden im Tiergarten sollen gering sein, so Nagel gestern. Überraschend behauptete er, daß Baugruben genausowenig Umweltschäden anrichteten wie das unteriridische Bohren eines Tunnels. Bisher war immer das Gegenteil behauptet worden. Den Termin seiner Konferenz hatte der Bausenator „nicht zufällig gewählt“. Am Samstag findet der Landesparteitag der SPD statt. Verschiedene Kreisverbände wollen dann am Straßentunnel Kritik üben. Dirk Wildt

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