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Bombenterror lähmt Bombay

■ Eine Serie von Autobomben tötet über 200 Menschen/ Börse und Bahnhof verwüstet/ Auch radikale Hindu-Organisation Ziel eines Anschlags/ Polizei vermutet „antinationale Elemente“

Bombay (AP/AFP/taz) – In Indiens Wirtschaftsmetropole Bombay, wo erst im Januar Hunderte von Menschen bei Unruhen ums Leben gekommen waren, nimmt das Sterben kein Ende. Innerhalb von 75 Minuten kamen gestern bei Sprengstoffanschlägen 200 Menschen ums Leben, über 600 wurden durch Splitter verletzt. Die meisten Todesopfer, insgesamt 65, forderte die Explosion eines Stadtbusses; eine andere Bombe explodierte in einem Lastwagen. Vor der Börse, dem Hauptsitz der Fluggesellschaft Air India und in einem Park in unmittelbarer Nähe des Hauptquartiers einer radikalen Hindu- Organisation gingen ebenfalls Bomben hoch, auch in mehreren belebten Basars und Wohngebieten. Außerdem verwüsteten die Attentäter zwei große Hotels und den Victoria-Bahnhof aus dem 19.Jahrhundert.

„In Bombay herrscht Panik“, sagte eine 29jährige Börsenmaklerin. In dem 28stöckigen Hochhaus, in dem Indiens bedeutendste Börse untergebracht ist, brach infolge der Detonation während der Hauptgeschäftszeit ein Großfeuer aus, vor dem Börsianer und Büroangestellte panikartig die Flucht ergriffen. Die Nachrichtenagentur PTI berichtete, daß aus dem 23stöckigen Gebäude der Air India mindestens zwanzig, teilweise stark verstümmelte und verkohlte Leichen geborgen wurden.

Zu den Anschlägen bekannte sich zunächst niemand. Die Polizei vermutete, „antinationale Elemente“ hätten die Bomben gelegt, und begann, alle Fahrzeuge einschließlich Bussen und Zügen nach neuen Sprengsätzen zu untersuchen. Der indische Innenminister Rajesh Pilot sagte vor dem Parlament, alle Anschläge seien nach dem gleichen Muster verübt worden: Die Täter hätten vor den jeweiligen Gebäude Autos mit Sprengstoff abgestellt.

Die Polizei leitete Ermittlungen ein, ob die Anschläge vom Freitag mit den seit Monaten anhaltenden Spannungen zwischen Hindus und Moslems im Zusammenhang standen. Nach der Zerstörung einer Moschee im nordindischen Ayodhya vor knapp drei Monaten war es in ganz Indien zu Unruhen mit fast 2.000 Todesopfern gekommen, allein 600 davon in Bombay.

Nach den Anschlägen brachen in mehreren Stadtteilen der Zwölf- Millionen-Einwohner-Metropole wieder Unruhen zwischen den Religionsgruppen aus. Hindus setzten in einem moslemischen Viertel zwei Autos in Brand. Andernorts sollen Moslems mit Steinen geworfen haben. Die indische Regierung rief die Bevölkerung auf, vor weiteren Bomben auf der Hut zu sein. Das Kabinett des Bundesstaates Maharashtra trat zu einer Krisensitzung zusammen. mavo

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