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Spreebogen-Wettbewerb: Kohl lehnt Ergebnis ab

■ Zweites Reichstagskolloquium trifft keine Entscheidung/ Fortsetzung von S. 21

Wettbewerbssieger Axel Schultes wies die Kritik von Busse, Conradi und Starnick zurück. Von Überlegungen dieser Art werde sein Entwurf „erst zerrieben und dann kaputtgemacht“, sagte Schultes. Solche Ansprüche führten zu „einer Zerstückelung, Zerbröckelung und Fragmentierung dieses Städtebaus“. Vielmehr komme es darauf an, an Ort und Stelle „stadträumliche Disziplin“ sowie „gebaute Solidarität der Institutionen“ zu schaffen und keine freigestellten Solitäre wie in Bonn.

Rita Süssmuth und Dietmar Kansy, Vorsitzender des Bundesbauausschusses, unterstrichen die Bedeutung des Entwurfs Schultes' – und die Notwendigkeit der Überarbeitung. Der städtebauliche Entwurf sei „urban“ und schaffe eine neue Ost-West-Verbindung, müsse aber mit dem Bauvorhaben Reichstag abgestimmt werden. Eine „Zerstückelung“ lehnte Süssmuth ab: „Eine radikale Veränderung führt dahin, daß der Entwurf insgesamt nicht mehr zu erkennen wäre.“

Auf dem Kolloquium konnte gleichfalls keine Entscheidung über einen der preisgekrönten Reichstags-Vorschläge gefällt werden. Die „schlichte Lösung“, so Jury-Vorsitzender Karl-Joseph Schattner, wurde nicht gefunden. Schattner verwies die Wahl an die Bonner Bauherren zurück. Eine politische Entscheidung sei nun, ohne „Verbiegung der Entwürfe“, gefordert.

Tendenzen sind indessen absehbar: Die Überlegungen der Parlamentarier „werden von den Ansprüchen eines gut funktionierenden Arbeitsparlaments, der Finanzierbarkeit und Modernität geleitet“, sagte die FDP-Bundestagsabgeordnete Baumgarten. Die Rekonstruktion einer Kuppel scheint vom Tisch: Der Calatrava-Entwurf, merkte der Soziologe Werner Oechslin an, sei „historisierend und lastend“ – und „nicht leicht und offen“. Auch Fosters Idee eines großen Plenarsaals gerät ins Hintertreffen: Die Abgeordneten „wünschen sich eher einen kleineren und nicht so tief liegenden Plenarsaal“, kommentierte Süssmuth den Entwurf.

So läuft alles auf die Konkurrenz zwischen dem Foster-Dach als gelungene Chiffre der Moderne und Pi de Bruijns kleinem vorgelagerten Plenarsaal hinaus. De Bruijns Entwurf löse dabei die Auseinandersetzung mit dem Reichstag besser, sagte ein Redner: Das Paradox von Alt- und Neubau werde im „Dialog zwischen Vergangenheit und Moderne“ (de Bruijn) aufzulösen gesucht. Reichstag, Plenarsaal und Regierungsviertel würden zu Abfolgen einer geschichtlichen Landschaft. Rolf Lautenschläger

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