: Make-up verschmiert
■ Eine 16jährige Ukrainerin gewinnt die Eiskunst-WM und verheult die Schminke
Prag (dpa/taz) – Sie selbst war die Letzte, die davon erfuhr. Irgendwo in den Katabomben der „Sports Hall“ von Prag fanden ihre Trainer schließlich Oksana Bajul. „Als sie mir sagten, ,Du bist Weltmeisterin‘, habe ich wieder angefangen zu weinen. Dann brachte ich mein Make-up in Ordnung und bin aufs Eis gelaufen“, berichtet die 16jährige Ukrainerin von den Problemen einer frisch gebackenen Eiskunstlaufweltmeisterin. Sie wurde damit die jüngste Weltmeisterin seit der Norwegerin Sonja Henie, die von 1927 bis 1936 zehnmal hintereinander siegte.
Die Meinungen über Bajul, die in Rekordzeit vom Eiskunstlaufsternchen zum Star mutierte, gehen aber weit auseinander. „Ich bin begeistert von Oksana, sie ist eine absolute Ausnahmeerscheinung“, urteilt Jutta Müller, die frühere Trainerin von Katarina Witt. Die Deutsche Meisterin Marina Kielmann aus Dortmund dagegen war wohl noch beleidigt über ihr verpatztes Technikprogramm, das einen besseren Platz als den sechsten verhinderte: „Es war eben keine bessere da.“ Sie selbst aber halt auch nicht.
Dabei stand die Frauen-Konkurrenz auf unerwartet hohem Niveau. Auch die Französin Surya Bonaly, die nach drei Europameisterschafts-Siegen nun auch bei einer WM endlich eine Medaille gewinnen konnte, und die Mitfavoritin Lu Chen aus China als Zweite und Dritte zeigten gute Leistungen. Ausrutscher leistete sich nur Nancy Kerrigan. Die Amerikanerin verhunzte ihre Kür derart, daß sie vom ersten Platz nach dem Technikprogramm bis zum fünften Platz in der Endabrechnung durchgereicht wurde.
Oksana Bajul, die schon bei der EM in Helsinki Silber holte, hatte vor diesem Winter nicht einmal die Qualifikationen für die Junioren-WM geschafft. Als Dreijährige wurde sie von einer Ballettschule nicht akzeptiert, weil sie zu dick war. Deshalb schickte sie ihr Großvater zum Eiskunstlauf.
Eistanz, Endstand: 1. Maja Usowa/Alexander Schulin (Rußland) 2,0 Punkte; 2. Oksana Gritschuk/Jewgeni Platow (Rußland) 4,0; 3. Angelika Krilowa/Wladimir Fedorow (Rußland) 6,2; ... 12. Jennifer Goolsbee/Hendryk Schamberger (Essen) 24,0
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen