Alle mal aufstehen!

■ Mit Streiks, Demos und Kundgebungen in den norddeutschen Küstenländern will die IG Metall die Tarifautonomie sichern

„Norddeutschland steht auf!“ Unter diesem Motto ruft die IG Metall morgen in allen norddeutschen Küstenländern zu Aktionen gegen den Tarifvertragsbruch von Mecklenburg-Vorpommern auf. Geplant sind Streiks, Demos, Kundgebungen und Straßenblockaden.

So etwas hat es in der Geschichte des deutschen Tarifvertragsrechts noch nicht gegeben: Obwohl der Tarifvertrag für Mecklenburg-Vorpommern, der eine schrittweise Anhebung der Ost- Löhne auf Westniveau regelt, noch Jahre gültig ist, haben ihn die Metallbosse einfach für „unwirksam“ erklärt.

Dazu ließen sich die Unternehmer eine clevere Rechtsinterpretation einfallen. Weil die Ost-Unternehmen angeblich nicht in der Lage sind, die vertraglich vereinbarten Westlöhne zu finanzieren, sei die „Rechtsgrundlage“ des abgeschlossenen Tarifkontrakts entfallen.

Diese Argumentation birgt für die Gewerkschaften immense Gefahren. Sollte eine deratige Ost-Interpretation des Tarifvertragsrechts unangefochten stehen bleiben, könnten künftig auch im Westen unliebsame Tarifvereinbarungen für unwirksam erklärt werden — so etwa die Bstimmungen zur schrittweisen Arbeitszeitverkürzung.

Die IG Metall-Küste hat die Dramatik der Auseinandersetzung erkannt. Gewerkschaftschef Frank Teichmüller: „Den Arbeitgebern im Westen geht es darum, das bewährte Tarifvertragssystem insgesamt über die Klinge springen zu lassen und Mecklenburg-Vorpommern als Einfallstor zu mißbrauchen.“

Die IG Metall-Küste geht nun ihrerseits unkonventionelle Wege, um den „Angriff auf die verfassungsrechtlich garantierte Tarifautonomie“ abzuwehren. Ihr Motto:

1Wenn die Unternehmen gültige Tarifverträge in Frage stellen, dann gilt für die IG Metall auch keine Friedenspflicht. Und deshalb finden die Aktionen während der Arbeits-

1zeit statt. Teichmüller: „Unsere Aktionen sind als Bremsklötze anzusehen, um jene zu stoppen, die der Tarifautonomie ans Leder wollen. Kai von Appen