: Von lyrisch knapp bis exzessiv
■ Die 3. Internationalen Tanztheaterwochen auf Kampnagel mit einer facettenreichen Programmpalette
auf Kampnagel mit einer facettenreichen Programmpalette
Trotz knapper Mittel (150000 Mark) haben Kampnagel-Chef Hans Man in't Veld und Dramaturg Klemens Wannenmacher für die 3. Internationalen Tanztheaterwochen, die morgen abend mit der lyrisch- stillen Soloperformance Verdi Prati eröffnet werden, ein außergewöhnliches Programm zusammengestellt. Von der Wiederaufführung eines historischen Momentes der Tanztheatergeschichte (Rosas danst Rosas) über das eigenwillige Hamburger Kassandra-Projekt bis zu der perfekten Stilistik der Frankfurter S.O.A.P.-Compagnie wird alles präsentiert, was zeitgenössisches Tanztheater ausmacht. Heimlicher Höhepunkt sind sicherlich die französischen Black Blanc Beur.
Der Auftakt mit der Hommage des ehemalige Pina Bausch-Dramaturgen Raimund Hoghe an seinen Tänzer Rodolpho Leoni Verdi Prati (18-20.3.), laut Wannenmacher ein „minimalistisch-magisches“ Werk, das stark von Bildender Kunst beeinflußt ist, und Lover Man (19/20.3.), einer Choreografie der ehemaligen Rosas-Tänzerin Nadine Ganase, gestaltet sich eher verhalten und persönlich. Danach wird es ersteinmal laut und exzessiv, denn Black Blanc Beur verarbeiten in ihrem neuen Stück die schwarze Jugendmusikgeschichte mit besonderem Augenmerk auf den HipHop, Gangkultur und jugendliche Gewalt. Entsprechend heißt ihr Actionstück Rapetipas (24.-27.3.)
Die meisten der auftretenden Gruppen, so auch das Kindertanztheater Speeltheater Gent, das seine neue Produktion Royaal Lyrisch (25.-28.3.) vorstellt, sind in der Vergangenheit bereits auf Kampnagel aufgetreten. Lediglich die Tanzfabrik Berlin ist in den 17 Jahren ihre Bestehens noch nie in Hamburg zu sehen gewesen. Das Stück Zerfall der Schwerkraft (25/26.3.) für zwei Tänzer zur Musik des Jazz- Bassisten Eberhard Weber ist eine Kombination aus Choreografie und Improvisation.
Zehn Tage (ab 27.3.) wird das erste Hamburger Tanztheaterprojekt, an dem sich mehrere Compagnien beteiligen, zu sehen sein. Die Hamburger Gruppen Coax, Lubricat und das Norddeutsche Tanztheater haben um den Komplex der Kassandra-Figur drei eigenständige, halbstündige Projekte inszeniert. Sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung, der die wachsende Bedeutung der Hamburger Tanzkultur eindrucksvoll unterstreicht. Zur Bedeutung des Tanztheaters für Hamburg wird es am 4. April auch ein international besetztes Podium geben.
Mit Anne Teresa de Keersmaekers 83er-Choreografie Rosas danst Rosas (1.-3.4.) begann ein entscheidender Schub für die europäische Tanztheater-Szene. Diese Retrospektion erlaubt somit auch
1eine bessere Einschätzung des aktuellen Standes des theatralischen Tanzes, wie er zuletzt auch von der Frankfurter Compagnie S.O.A.P. repräsentiert wurde. Sie zeigen drei
1kurze Stücke ihres Choreografen Rui Horta, der die international besetzte Gruppe zu einer seltenen technischen und ästhetischen Perfektion geführt hat (3./4.4.). tlb
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