: "Den Winter überleben" - nicht so einfach
■ Hindernisse für private Hilfe für bosnische Flüchtlinge / Klagen wegen mangelnder Krankenversorgung /Spenden benötigt
/ Klagen wegen mangelnder Krankenversorgung / Spenden benötigt
Der Amtsschimmel wiehert: Bosnische Flüchtlinge, die durch private Organisationen in die Hansestadt geholt und bei Gastfamilien untergebracht werden, sind nicht Krankenversichert. Die BosnierInnen sind dann offiziell Gäste und fallen nicht unter das Flüchtlingsrecht, erhalten also keine Krankenscheine. „Erkrankt hier jemand, muß dann unter Umständen die Herbergsfamilie die Behandlungskosten übernehmen“, sagt Annemone Schneider, von der Organisation „Den Winter überleben“. Die Organisation, eine Initiative verschiedener Gruppen aus der Friedens- und Frauenbewegung, konnte deswegen bisher in Hamburg keine Flüchtlinge unterbringen.
Christina Baumeister, Pressesprecherin der Sozialbehörde, wiegelt jedoch ab: „Im Notfall wird hier jeder behandelt und muß auch nichts dafür bezahlen.“ Und ihr Kollege in Schleswig-Holstein, Ralf Stegner, fügt hinzu, daß das Land kein Geld habe und der Bund sich darum kümmern solle. „Es ist nicht die wünschenswerteste Lösung, aber es wäre sowieso besser, die Bundesregierung würde etwas vor Ort tun", sagt Stegner und schiebt damit die nach Bonn.
Die Regionalgruppe in Schleswig-Holstein von „Den Winter überleben“, die trotz der nicht gerade eindrucksvollen Unterstützung bereits 15 Menschen unterbringen konnte, schließt zur Zeit sicherheitshalber Reisekrankenversicherungen ab. „Eine Versicherung kostet für drei Monate 85 Mark, wobei aber nur bei akuten Erkrankungen bezahlt wird, also zum Beispiel keine Geburt im Krankenhaus“, sagt Faketa Korkutovic, von der Schleswig-Holsteinischen Regionalgruppe. Ob das dann ein Notfall ist, liegt wieder im Ermessen der Behörden. Die Pressesprecherin der Sozialbehörde in Hamburg verspricht jedoch, „das daß in Hamburg sehr großzügig gehandhabt werde". Mit einem offiziellen Ministererlaß, wie in Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen, der die Kostenabrechnung ein für alle Mal regelt, rechnet sie jedoch nicht. Die Kampagne „Den Winter überleben“ sucht nun trotzdem, oder gerade deswegen immer noch Gastfamilien die Kriegsflüchtlinge aufnehmen können. Über 500 Flüchtlinge konnten in Deutschland bereits Zuflucht finden und rund 2 400 sollen noch kommen. „Wer Platz hat, aber nicht in der Lage ist, den Lebensunterhalt der Gäste zu bezahlen, kann eventuell von uns unterstützt werden“, sagt Faketa Korkutovic. Auch Spenden werden benötigt, denn die Reisekosten nach Deutschland betragen pro Kopf 350 Mark. ach
Kontakt: "Den Winter überleben", c/o Büro Netzwerk Friedenskooperative, Römerstraße 88, 5300 Bonn 1. Tel: 0228/692904
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen