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Kaputtmalocht - nichts wie weg

■ Türkische Klöckner-Arbeiter nutzen den Arbeitsplatzabbau für Rückkehrpläne

Kaputtmalocht — nichts wie weg

Türkische Klöckner-Arbeiter nutzen den Arbeitsplatzabbau für Rückkehrpläne

Ali Yaras (43) wartet nach 20 Jahren Stahlhütte nur noch auf die Abfindung Foto: Katja Heddinga

türkischer Mann

Ali Yaras (43) strahlt: Am Freitag hat er seine letzte Schicht bei Klöckner. Dann geht es zurück nach Adana in der Süd-Ost-Türkei, zu Frau und drei Kindern. Vor 20 Jahren kam er nach Bremen. Heute arbeitet er in der „Hof-Kolonne“, einem fliegenden Bedarfsbetrieb für Transporte oder Gärtnerarbeiten. Vor der Zukunft ist ihm gar nicht bang: Ali Yaras hat in seiner Heimatstadt einen kleinen Mini- Markt aufgemacht. Jetzt wartet er nur noch auf die Abfindung von Klöckner.

Ali Yaras müßte Klöckner nicht verlassen. Er nimmt jedoch das Angebot des Sozialplans 2 wahr: Wer unter 55 Jahren alt ist, kann freiwillig gehen und bekommt eine einmalige Abfindung. Ein 45jähriger, der seit 20 Jahren bei Klöckner arbeitet, bekäme beispielsweise 7,5 Bruttomonatsgehälter ausgezahlt. Gut steht man sich damit nicht, doch viele türkische Arbeiter sehen das Angebot als Chance, endlich in die Heimat zurückkehren zu können, weiß der türkische Betriebsrat Sebahattin Aksoy. Schon 56 türkische, aber nur vier deutsche Arbeiter haben sich für den Ausstieg nach Sozialplan 2 gemeldet.

„Manchmal fühle ich mich wie 70“, sagt der 45jährige Mesut Karaca, „erst die letzten Jahre haben wir es gut gehabt.“ Er weiß noch, wie er angefangen hat bei Klöckner in Bremen: mit Reinigungsarbeiten. Das Schlimmste war die Tankreinigung, erzählt Mesut, der als einziger unter 1000 türkischen Arbeitern Vorarbeiter geworden ist.

Gar nicht glücklich über das vorzeitige Ausscheiden ist Aktan Savmi (60) — er will weiterarbeiten, steht aber schon auf der Liste für den Sozialplan 1, nach dem Arbeiter über 55 gehen sollen mit (Ausgleichszahlung für entgangene Rentenjahre). „Wir haben nie gespart, ich habe sechs Kinder, Frau und meine Mutter zu versorgen.“ Alle Kinder sind in die Schule gegangen, zwei haben studiert (Zahnarzt und Ingenieur). Savmi will auch nicht in die Türkei zurück. „Alle sieben Familien Aktan sind hier, alle in Vegesack.“

Aber er ist oft krank. Schon mit 12 ins Arbeitsleben eingestiegen (auf dem Bau in Syrien und Libanon), kam er 1973 nach Bremen, 1979 zu Klöckner. Sieben Jahre verlud er die dicken Stahlblechrollen, „dann waren Rücken, Magen, alles kaputt“. Heute putzt er in der Reinigunskolonne die Kauen (die Dusch- und Umkleideräume). Fast nur „angeschlagene Kollegen“ arbeiten dort, in der Mehrzahl Türken.

Was er machen will, wenn er in Rente ist? Aktan Savmi schaut trüb. „Ich bin krank“. Jeden Tag muß er zum Arzt, bekommt Strahlungen für die kranken Schultern, Spritzen. „Sitzen in Coach ist nicht gut für mich“. Cis

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