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Richter: Bombenanschlag schadete der Republik

■ Hauptangeklagter wegen des Attentats auf jüdisches Mahnmal zu fünf Jahren und neun Monaten Haft verurteilt

Moabit. Zu einer Strafe von fünf Jahren und neun Monaten hat gestern das Landgericht den 31jährigen Transportarbeiter Detlef M. verurteilt. Ende August vergangenen Jahres hatte der Angeklagte zusammen mit einem Komplizen einen Bombenanschlag auf das jüdische Mahnmal an der Tiergartener Putlitzbrücke verübt. Zudem befand ihn das Gericht schuldig, am 17. Juni 1992 ein Sprengstoffattentat auf das Weddinger Asylbewerberwohnheim in der Hussitenstraße verübt zu haben. Bei den Anschlägen kam es zu Sachschäden, Menschen wurden nicht verletzt.

Der Komplize des Transportarbeiters, der 35jährige Lutz M., wurde zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Er hatte sowohl beim „Bombenbasteln“ geholfen als auch bei beiden Anschlägen „Schmiere gestanden“.

Die Verteidiger gaben sich in ihren Plädoyers Mühe, die Angeklagten nicht als rechtsradikale Gewalttäter erscheinen zu lassen. Da sprach Rechtsanwalt Grunke davon, daß sein Mandant, Detlef M., keinen Kontakt zu rechtsradikalen Organisationen habe, daß es ihm an einem ideologischen Überbau fehle. Allerdings sei ihm „der Blick verstellt, was von der Gesellschaft noch toleriert werden könne“.

Und Verteidiger Riegel nahm für den 35jährigen Lutz M. in Anspruch, daß das „Mittrotten des M.“ ohne politische Motive geschehen sei. Außerdem, so fragte Riegel, was sei der Tatbeitrag des Lutz M. gewesen? „Gut, Schmiere stehen“, beantwortete er die Frage selbst. Es stehe eine „soziale Katastrophe“ zur Verhandlung. Die Öffentlichkeit erwarte in solchen Fällen ein hartes Urteil, davon müsse das Gericht sich frei machen, forderte der Anwalt.

„Vor 60 Jahren hat es nicht viel anders begonnen“

Richter Karl-Friedrich Föhrig wies solche Gedanken in seiner Urteilsbegründung zurück. Zwar handele es sich bei den Tätern „nicht um typische rechtsradikale Gewalttäter“. Denkbar ungeeignet sei deshalb der Prozeß, um ein Exempel zu statuieren, „bei Menschen mit diesem Intelligenzquotienten“, fügte er hinzu.

Die Anschläge hätten aber den Interessen und dem Ansehen der Bundesrepublik schwer geschadet. Richter Föhrig folgte mit dieser Argumentation dem Antrag von Staatsanwalt Lutz Wage, der für die Angeklagten Strafen von drei Jahren und sechs Monaten bis zu sechs Jahren und sechs Monaten gefordert hatte. Für verwerflich hielt Richter Föhrig, daß der Anschlag auf das Mahnmal bei vielen schlimme Erinnerungen wachrufe, „daß es vor 60 oder mehr Jahren nicht viel anders begonnen hat“. Mit dem Anschlag auf das Asylbewerberheim in der Hussitenstraße hätten die Angeklagten Menschen „Angst eingejagt“, die in der Bundesrepublik besonders hilflos seien.

Verteidiger Grunke bezeichnete den 31jährigen Hauptangeklagten als „bewußtseinsgestört“. Sein Antrag, einen weiteren psychologischen Sachverständigen zu Rate zu ziehen, um eventuell eine verminderte Schuldfähigkeit zu erreichen, wurde vom Gericht abgelehnt. Da half auch die Aussage eines Kripobeamten nichts, der die Wohnung von Detlef M. durchsucht hatte: „Das war eher eine Müllkippe als die Behausung eines Menschen, vollgestopft mit Unrat, Waffen, Chemikalien, dazwischen schmale Pfade, durch die man sich zwängen mußte.“ Der Beamte zumindest hielt den Angeklagten für „psychisch gestört“, der forensische Sachverständige hatte daran nicht geglaubt. Ralf Knüfer

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