: Grüner Sieg gegen „Ozonschweine“
■ Abgeordnetenhaus verdonnert Bau- und Umweltverwaltung
Berlin. Die Ozonschicht schwindet nicht nur über den Polarkappen, sondern auch über Berlin. Wie die neueste Untersuchung der World Metereological Organisation (WMO) ergab, hat die Hülle, die vor lebenszerstörenden UV- Strahlen schützt, im vergangenen Februar über dem nördlichen Mitteleuropa um bis zu einem Fünftel ihrer ursprünglichen Substanz verloren – auch über Berlin.
Zu den Hauptzerstörern der Schicht zählen die Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW). Mehr als 100 Tonnen pro Jahr kommen aus Berlin: Sie lösen sich aus dem Müll der Hauptstadt und steigen wie mit heißer Luft gefüllte Ballons über zehn Kilometer hoch in den Himmel hinauf. Schon vor einem Jahr hatte deshalb das Berliner Abgeordnetenhaus beschlossen, daß der Senat das ihm Mögliche unternehmen solle, um die FCKW unschädlich zu machen.
In der gestrigen Sitzung des Umweltausschusses waren alle Fraktionen verärgert – denn die Landesregierung hat bis heute nahezu nichts zum Schutz der Erdatmosphäre getan. Umweltstaatssekretär Lutz Wicke (CDU) mußte zugeben, daß noch immer jährlich etwa 30.000 Kühlschränke auf die Müllkippe geworfen werden. Dort schlagen die Kühlaggregate leck, und die FCKW-haltige Kühlflüssigkeit entweicht.
Und Baustaatssekretär Frank Bielka (SPD) räumte ein, daß nicht nur private Bauherren noch immer Styropor und Dämmaterial verwenden, die Ozonkiller enthalten, sondern daß auch die Vorwürfe der Umweltschutzorganisation Greenpeace stimmen: Bei vier von 13 Berliner Bauvorhaben, die mit öffentlichen Mitteln gefördert werden, hätten die Bauherren entgegen der Auflage FCKW verwendet.
Die Grünen forderten gestern zum wiederholten Mal, auf von Berlin subventionierten Baustellen Kontrollen durchzuführen, bei Verstößen die Fördermittel zurückzuverlangen und bei Bauschutt endlich FCKW-haltige Abfälle auszusortieren und unschädlich zu verbrennen. Alle Fraktionen stimmten einem entsprechenden Antrag zu, lehnten allerdings mehrheitlich ab, verbrauchte Kühlschränke im gesetzlichen Sinn zu Abfall zu erklären – sie hätten dann in jedem Fall bei den Berliner Stadtreinigungsbetrieben (BSR) abgegeben werden müssen. Die BSR entsorgt das Kältemittel umweltgerecht.
Hartwig Berger, umweltpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Grüne, war nach diesem Abstimmungsergebnis sichtlich gelöst. „Das ist super, so erfolgreich haben wir uns unter der Großen Koalition noch nie durchsetzen können.“ Jetzt stellt sich aber die Frage, ob sich die Bauverwaltung an den einmal gefaßten Parlamentsbeschluß hält. Wenn nicht, so Berger, sei Bausenator Nagel „abschußreif“. Als „größtes Umweltschwein“ im Senat habe er schon heute einen Orden verdient. Dirk Wildt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen