: Columbia: Hamburg hebt ab
■ Beim nächsten Ausflug der Raumfähre sollen drei Fragen Hamburger Forscher geklärt werden
sollen
drei Fragen Hamburger Forscher geklärt werden
Startet sie oder startet sie nicht? Diese Frage bewegt die Hamburger Forscher, die mit der US-Raumfähre „Columbia“ ihre Experimente ins Weltall schicken wollen. Ihre zweite Spacelab-Mission soll nun voraussichtlich am Montag von Cape Canaveral in Florida losgehen. Aber die „Columbia“ scheint — wenn auch nicht radioaktiv — eine Art fliegendes AKW-Brunsbüttel zu sein. Da reißen 16 Jahre alte Druckleitungen, da fällt plötzlich jemandem auf, daß die eingebauten Dichtungsringe nicht dokumentiert sind und alles muß nochmal geröntgt werden. Mit jeder Panne verzögert sich der Start. Eigentlich sollte die Fähre mit zwei deutschen und fünf amerikanischen Astronauten an Bord schon am Sonntag abheben. Nun heißt es, der Abflug wäre am Montag. Aber auf einen Tag kommt es nicht mehr an. Hatte die Bundesrepublik doch schon 1985 einen Staatsvertrag mit den USA geschlossen, laut dem die Fähre im Oktober 1989 ins All fliegen sollte. Schließlich war der 25. Januar 1993 angepeilter Abflugtag.
Professor Jörg Dräger von der Universitätsklinik (UKE) ist Leiter einer der drei Hamburger Forschergruppen, die im Weltall experimentieren wollen. Messung des Augeninnendrucks bei Schwerelosigkeit ist sein Projekt. Der Druck im Auge steigt nach dem Eintritt in die Schwerelosigkeit rasch an. Dräger entwickelte ein handliches Gerät, mit dem jede/r seinen Augendruck selbst messen kann — vorher brauchte es immer eine zweite Person. Bei der D2-Mission sollen sich die deutschen Astronauten Ulrich Walter und Hans Schlegel und ein amerikanischer Kollege sofort nach dem Abheben das Selbsttonometer aufs Auge drücken, denn die UKE- Mediziner interessiert der exakte Verlauf des Druckanstiegs in ihren Augen. Sie erhoffen sich davon neue Erkenntnisse über die Gefährdung von Astronauten bei ihren Missionen und über den Grünen Star (Glaukom), der durch zu hohen Augendruck hervorgerufen wird — in der westlichen Welt die häufigste Ursache für Erblindung. Das Selbsttonometer preist Dräger
1als „Spin-off“ — also nützliches Abfallprodukt der Weltallexperimente. „Der Nutzen für den Patienten lohnt den Aufwand der bemannten Raumfahrt.“
Die Hamburger Max-Planck-Arbeitsgruppe „Ribosomenstruktur“ unter Leitung von Professor Ada Vonath schickt Ribosomen ins All. Die Moleküle aus rund 200000 Atomen, sind für die Eiweißbildung in den Zellen von Bakterien, Tieren und Menschen zuständig. Nur in kristallisierter Form läßt sich
1ihre Struktur genau untersuchen. Das gelang bisher nicht, denn unter irdischen Bedingungen „ist es ein Problem, gute Kristalle zu züchten“, erklärt Ribosomen-Forscher Harlü Hansen, „sie wachsen im Weltraum besser“. Wenn man wisse, wie Ribosomen aufgebaut sind, könne man wirksamere Antibiotika entwickeln, die die Eiweißfabriken der Bakterien hemmen.
Das dritte Hamburger Weltraumexperiment leitet Hans Ahlhorn vom Institut für Gewerblich-
1Technische Wissenschaften der Universität. Seine Arbeitsgruppe möchte unter Bedingungen der Schwerelosigkeit testen, wie sich die Metalle miteinander zu neuartigen Legierungen verbinden lassen, die als Gleitlager für Maschinen eingesetzt werden sollen. Die Fahrkarte ins Weltall für die deutschen Forschungen kostet die BRD 400 Millionen, damit finanziert das Forschungsministerium fast die Hälfte des Flugs, der insgesamt rund eine Milliarde kostet. Vera Stadie
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