: Glossar des zeitgemäßen Tourismus
■ Der kleine Vororth: Wörterbuch der Welt der Moden des Reisens in 12 Folgen
Alkoholabusus, der; pl Kampftrinken, das: beliebter Urlaubssport in südlichen Küstenorten. Rosner zitiert dazu 1989 den Volksmund: „Ist das Saufen dort billig, Alter? Sonst fahrn wir gar nicht erst hin.“
Alpenglühen, das: Das A. galt allzu lange als Gipfel der Erleuchtung auf dem Gipfel. Im Zuge der Postmodernisierung des alpinen Tourismus seit Mitte der achtziger Jahre durch eine von rechts unten ins Bild trottende — allseits bekannte — lila Kuh, die musikalisch begleitet wird durch
Anhalter, der; w A-in, die (nicht zu verwechseln mit Anhaltinerin): Der noch zu Beginn der siebziger Jahre in großen Populationen die Autobahnauffahrten säumende wilde A. gilt mittlerweile fast als ausgestorben. Dto. die A-in. Ursache ihres Verschwindens ist nicht die gewaltsame Ausrottung durch den ADAC, sondern das ungehinderte Vordringen des halbdomestizierten ‘Interrailers. A./A.-innen-Restbestände sammeln sich gelegentlich an abgelegenen Auffahrten in der Lüneburger Heide.
Animateur, der; w Animateuse, die; pl heißes Team, ein: saisonaler Durchlauferhitzer. Der A. und die A. sind die Seelchen des Geschäfts und gleichermaßen unverzichtbar als Pausenkasper wie Betthupferl. Ihre Wirklichkeit ist weniger grausam als die Darstellung im Fernsehen.
Bauernhof, der: Ferien auf dem B. Nicht auszurotten, da einträglich. Sind die Gäste abgereist, kehrt Friede auf dem Lande ein. Froh ist die Katze, sowieso, froh die Bäuerin, da sie der Henne keine Aldi- Eier mehr unterschieben muß, froh der Bauer, weil er abends nicht mehr zu jodeln braucht, sondern wieder „10 vor 11“ ansehen kann.
Berg, der: der B. ruft. Der Flachländler hört's. Den Rest erledigt die B.-wacht.
Bild, die: einheitsstiftendes wie stilbildendes Kulturelement deutscher Touristenkolonien. Doch, doch, immer noch.
Bruschetta, die; dt. Tomatenbrot: „Hom's koa B.?“ Eine vorzugsweise während der Warming-up- Phase der Kommunikation mit extrem preisbewußten italienischen Gastronomen eingesetzte Formel, die dem Gesprächspartner in eindringlicher Weise globale kulinarische Kompetenz signalisiert.
Karl Anton & Vororth
Graphik: Mathias Hütter
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