piwik no script img

Poesie & Trompete

■ „Element of Crime“ sangen im Modernes

Wenn Dichten Verdichten heißt, Zustände zugespitzt mit wenigen Worten auf den Punkt bringen, dann sind die Texte von „Element of Crime“ Dichtung, daß es nur so kracht. „Der stillgelegte Mensch träumt von der eigenen zentralgeheizten Garage für's Zweitauto. Kinder ohne Nummernschilder werden aus den Parks verjagt — Deutschland im Winter.“ Pünktlich zum Frühlingsanfang begannen die vier Berliner Musiker ihre Deutschlandtour „Weißes Papier“ im Modernes.

„Element of Crime“ singen von Herz und Schmerz, doch diese Worte reimen sich bei ihnen nicht. Die Texte, von Sänger Sven Regener gut verständlich ins Mikrofon genuschelt, sind ein permanenter Anschlag auf das alltäglich Vertraute; hier blickt einer mit einem leichten Knick in der Optik auf die Welt: „Ein alter Mann am See bewirft die Enten mit Brot“ oder „ein Dosenfisch springt jubelnd in die offene See“. Sie können es auch auf englisch, aber die deutschen Texte sind weitaus besser, eine Ehrenrettung für die muttersprachliche Musik. „Texte, die für jede Hitparade zu schade sind“, heißt es über die Band und das stimmt.

Der musikalischen Einordnung entziehen sich „Element of Crime“ bewußt. „Anspruchsvoll“, „unbeirrbar“ und „soulig“ nennen sie ihr Repertoire. All das vergißt man, wenn Sven Regener die Backen aufbläst und in seine Trompete pustet. Dann hebt sich seine Melodie über das Geschrammel der begleitenden Combo und verursacht beim Zuhörer Ohrenklingen und Gänsehaut. Die anderen Musiker liefern ihrem Frontmann mit der knarrenden Stimme den abgestimmten Sound zu seinen Texten und Trompetensoli. Und Spaß scheinen „Element of Crime“ auch noch daran zu haben — oder wann haben Sie das letzte Mal eine Band erlebt, die nochmal für eine Zugabe rauskam, nachdem die Saalbeleuchtung schon angeschaltet war? Bernhard Pötter

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen