: Geschichte mit kleinen Lügen aufgeputzt?
■ Auch CDU-Abgeordnete fordern Buße von Verkekrsminister Krause
Bonn (AFP/AP/taz) – Minister Krause überlegt, zum Hausmann umzuschulen. Der durch die Affaire um Arbeitsamtszuschüsse für die Putzhilfe im Privathaushalt Krause angeschlagene Verkehrsminister wollte das Wochenende, so hatte er verraten, zum „Nachdenken“ über Konsequenzen nutzen; ein Nachdenken, das durch eine kleine Spiegel-Notiz befördert werden dürfte, nach der Krause die Geschichte der Beihilfe vom Arbeitsamt wohl ein bißchen aufgeputzt hatte.
Das Arbeitsamt habe ihm nicht, wie von ihm behauptet, einen Zuschuß von siebzig Prozent angeboten. Familie Krause hat um diesen Zuschuß richtiggehend gekämpft. Nach Angaben des Spiegel scheiterten die Verhandlungen zwischen dem Ehepaar und dem Arbeitsamt zunächst, weil den Krauses der gesetzlich erlaubte Zuschuß von 30 Prozent (257 Mark) nicht genügt habe. Ein zweiter Antrag von Krauses Ehefrau Heidrun für einen Zuschuß von 70 Prozent sei erst am 17. Februar rückwirkend zum 1. November vergangenen Jahres genehmigt worden. Nach Krauses Darstellung sei die Haushälterin schon im August vermittelt worden. Damals hätte sie jedoch gar keinen Anspruch auf die Förderung für Langzeitarbeitslose gehabt. Das dafür notwendige Mindestalter habe die Frau erst im Oktober, kurz vor dem rückdatierten Vertragsbeginn, erreicht. Laut Spiegel dürfen derartige Zuschüsse ohnehin nur an juristische Personen des öffentlichen oder Einrichtungen des privaten Rechts gezahlt werden, die gemeinnützige Zwecke verfolgen, nicht jedoch an private Haushalte. Der Sozialexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Ottmar Schreiner, sagte im Saarländischen Rundfunk, es sei ein „Skandal“ und „unter moralischen Gesichtspunkten nicht vertretbar“, daß Krause solche Zuschüsse für eine private Haushaltshilfe in Anspruch genommen habe.
Grund genug also für Krause, in sich zu gehen. Sein Nachdenken erschöpfte sich zunächst aber in Selbstmitleid: Er habe begreifen müssen, daß „Politiker in Deutschland nicht das Recht auf Gleichbehandlung wie jeder andere Bürger haben“, sagte er im Rundfunk. Krause betonte, er fühle sich weder rechtlich noch moralisch schuldig. Allerdings werde er die Lohnzuschüsse zurückzahlen. SPD- Bundesgeschäftsführer Karlheinz Blessing forderte mehr: „Krause muß nicht nur zurückzahlen, sondern auch zurücktreten.“
Der sächsische CDU-Abgeordnete Rainer Jork sagte Bild am Sonntag, es schade der ganzen Partei, wenn ein Politiker so offensichtlich in die eigene Tasche wirtschafte. Krause solle nächste Woche vor der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Rede und Antwort stehen. Sein brandenburgischer Kollege Ulrich Junghans erklärte BamS, so etwas dürfe sich gerade ein Minister aus dem Osten nicht erlauben.
Blessing sagte BamS: „Eine Regierung, die den Mißbrauch von Sozialleistungen bekämpfen will und im eigenen Kabinett nicht einmal den Mißbrauch von Sozialleistungen unterbindet, fördert die Politikverdrossenheit.“ Brandenburgs Sozialministerin Regine Hildebrandt (SPD) nannte das Verhalten Krauses „moralisch und politisch untragbar“. Im Bundesverkehrsministerium wurde davon ausgegangen, daß Krause heute in Bonn zu der „Putzfrau-Affäre“ Stellung nehmen wird.
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