: Keiner will Meister werden
Köln gleicht in den Eishockey-Finals gegen Düsseldorf zum 1:1 aus und schon wissen wir aus sicherer Quelle, daß es bald 2:1 oder 1:2 stehen wird ■ Aus Köln Bernd Müllender
Zweimal haben sie am Wochenende die Schläger gekreuzt. Einmal hat die DEG gewonnen, am Freitag nach Verlängerung mit 5:4. Dann am Sonntag revanchierten sich die Kölner Haie mit 5:2. Alles ist offen, und alle stapeln tief.
Bundestrainer Bukac, in Sorge um die Gesundheit seiner Nationalspieler für die Weltmeisterschaft im April, fand das Kölner Sonntagsmatch „unglaublich hart“, ein „knochenhartes Ding“.
In der Tat krachten die Banden nach wüsten Checks in Serie etwas häufiger und lauter als gewohnt, ein paar klug versteckte Fouls kamen hinzu, pausenloser Körpereinsatz, um den Gegner nicht ins Spiel kommen zu lassen und düsseldorferseits ein paar zu offensichtliche Crosschecks, die die Hai- Society auf den Tribünen in Wallung brachten. Aber wenn der Eintritt 66 Mark aufwärts kostet (für den Stehplatz), will man sich ja auch abreagieren können, wenn schon spielerisch wenig zu sehen ist. Und die Nationalhymne, die neuerdings vor Spielbeginn durch die Halle krächzst, damit der Privatsender premiere dazu entschlossene Mannsgesichter abfilmen kann, hat auch nur mäßigen Unterhaltungswert.
Wer wird Meister, Kölsch oder Alt? Möglicherweise kann der bessere Torwart das Finale entscheiden. Als Helmut de Raaf noch in Köln tätig war, gewann er viermal den Titel. Kaum hatte er 1989 mit Peppi Heiß den Arbeitsplatz getauscht, gewann er drei Meisterschaften mit Düsseldorf. Heißens Titellosigkeit – ein Menetekel? „Torwart ist 60 Prozent der Mannschaft“, sagt Kölns Trainer Wassilijew. Was am Sonntag mit einfacher Logik bedeutete: „DEG gut; de Raaf sehr gut; Heiß sehr, sehr gut.“ In Zahlen: Köln 5, DEG 2.
In Wahrheit stellt sich das Problem der Meisterfindung etwas schwieriger dar. Köln ist, nach Neuformierung des Teams und schwachem Saisonstart, schon mit der Finalteilnahme hochzufrieden. DEG-Trainer Hans Zach andererseits tätschelt die Seinen, es sei „gar nicht tragisch“ wenn sie patzen bei der Titelverteidigung. Dennoch war er nach der Sonntagsniederlage ein schlechter Verlierer: Die DEG sei die überlegene Mannschaft gewesen – was jedem Augenschein und aller Torschußstatistik widersprach. Hans im Glück wolle er auch nicht mehr genannt werden: Wer jedesmal hauchdünn das bessere Ende für sich habe wie die DEG (vor dem Freitagssieg gegen die Haie zweimal als Henker im sudden death gegen Berlin, dazu ein drittes Mal Sekunden vor Abpfiff), habe dies auch verdient, denn wenn der Gegner nicht treffe, statt dessen ein eigener Mann, sei das eben aus einerseits Unvermögen und andererseits entscheidender Kunstfertigkeit zu erklären.
Folglich ist jeder Sieg, auch der eines unterlegenen Teams, automatisch schon durch seine Existenz verdient, und man werde auch nie, nörgelte der Alpenvulkan Zach weiter, den Schiedsrichter für eine Niederlage verantwortlich machen, wie die Kölner am Freitag, die dem Ostberliner Peter Slapke einige umstrittene Entscheidungen als spielentscheidend ankreideten. Und zum Thema Torhüter hat Perfektionist Zach auch seine eigene Philosophie: „Nichts ist unhaltbar.“ Nur: Warum der Puck dann manchmal doch ins Tor fliegt, blieb unerklärt. Eishockey ist ein arg schwierig Sport.
Hans Zachs Empfehlung an die schreibende Zunft: „Schreibt doch, was ihr wollt. Ich weiß es besser.“ Also gut, schreiben wir: DEG wird Meister. Folglich wird es Köln, denn Zach erklärt den Rheinrivalen zwar nicht für das bessere Team, aber zum Favoriten. Da aber hat deren Trainer Wassilijew was gegen: „Düsseldorf ist 60:40-Favorit.“ Nach intensivem Studium des Regelwerks sehen wir keine Chance, daß das Meisterschaftsvorhaben beiden mißlingt. Die Sache wird unheimlich, ja hochdramatisch. Und doch hat der Metzgermeister Zach Recht: „Es geht weiter. Am Dienstag steht es 2:1 oder 1:2.“ Dagegen läßt sich schwer argumentieren.
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