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Präsidialherrschaft-Dekret liegt noch nicht vor

■ Verfassungsrichter Sorkin trifft Jelzin

Moskau (taz) – Der russische Präsident Boris Jelzin hat am Montag per Dekret die Massenmedien unter seine Kontrolle gestellt. In dem Dekret, das von der Nachrichtenagentur ITAR-TASS veröffentlicht wurde, hieß es, mit dieser Maßnahme sollten die russischen Zeitungen vor „allen Eingriffen von außen geschützt“ werden. Dagegen ist immer noch unklar, ob Jelzin nun die Präsidialherrschaft verhängt hat oder nicht. Vor dieser Frage standen gestern nicht nur die 13 russischen Verfassungsrichter. Zwei Tage nachdem der russische Präsident in einer Rede „An die Nation“ einen Erlaß über die Präsidialherrschaft angekündigt hatte, lag dieses Dokument immer noch nicht vor. Solange jedoch der genaue Wortlaut von Jelzins Verfügungen nicht bekannt ist, kann auch nicht überprüft werden, ob Jelzin mit ihm die russische Verfassung gebrochen hat. Verunsichert reagierten so auch die Jelzin- Gegner. Nachdem der russische Vizepräsident Alexander Ruzkoi noch am Sonntag lautstark verkündet hatte, daß Jelzin die Verfassung in 18 Punkten verletzt habe, stellte er nun kleinlaut fest, daß man dem Präsidenten wohl kaum untersagen könne, ein Referendum durchzuführen. Um zu erfahren, was Jelzin nun eigentlich im Sinn habe, machte sich der Präsident des Verfassungsgerichts, Waleri Sorkin, am Montag in den Kreml auf. Unterdessen ist der Justizminister Nikolai Fedorow zurückgetreten, der sich als einziges Regierungsmitglied gegen Jelzin gestellt hatte. Seite 8

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