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Unterm Strich

Pünktlich zum Frühlingsanfang blühen in Hollywood wieder die Oscar-Spekulationen. Die 65. Verleihungszeremonie für die kleine Goldfigur, mit der Hollywood die besten Filme und Filmschaffenden des Jahres (und traditionell am liebsten sich selbst) feiert, wird in der Nacht zum nächsten Dienstag wohl in vieler Hinsicht aus dem üblichen Rahmen fallen: Dieses Mal sind so viele unübliche, ausländische, mit kleinem Budget hergestellte Streifen nominiert worden, daß manche Kritiker schon von einer Art Mißtrauensvotum der Hollywood-Filmschaffenden gegen sich selbst sprechen.

Vor allem die offensichtliche Begeisterung über „Howards End“, die verzwickte englische Liebesgeschichte, die mit neun Nominierungen ebenso hoch favorisiert wurde wie Clint Eastwoods psychologischer Western „Erbarmungslos“, hat diese Stimmung ausgelöst. Dazu die billig gedrehte britische Terroristen-Saga „The Crying Game“, die sechs Nominierungen erhielt. Clint Eastwoods Film schließlich gilt als so persönliches Werk, daß es ebenfalls nicht in die Kategorie der klassischen Hollywood-Produktionen eingeordnet werden kann.

Massenweise Nominierungen sind allerdings keine Garantie für sichere Oscars – das berüchtigste Beispiel war 1985 Steven Spielbergs „Die Farbe Lila“, elf Nominierungen brachten ihm dann doch keinen einzigen Oscar ein. Für die beste Regie nominiert wurde in diesem Jahr Robert Altman für seine bissige Hollywood-Satire „The Player“, ebenso wie Eastwood für „Erbarmungslos“, Neil Jordan für „The Crying Game“, James Ivory für „Howards End“ und Martin Brest für „Der Duft der Frauen“. Spike Lee fehlt in dieser Liste, sein umstrittener „Malcom X“ wurde auch nicht für den „besten Film“ nominiert. Und ob Denzel Washington sich in der Rolle des Schwarzenführers als bester Hauptdarsteller durchsetzen kann, bleibt abzuwarten. Neben ihm wurden Al Pacino (Der Duft der Frauen) nominiert, der bereits den „Golden Globe“ der Hollywood-Auslandspresse dafür erhalten hatte, sowie Robert Downey Jr. für „Chaplin“, Clint Eastwood für „Erbarmungslos“ und Stephen Rea als irischer Terrorist in „The Crying Game“. Auf den Preis „Beste Darstellerin“ dürfen Emma Thompson (Howards End), Susan Sarandon (Lorenzo‘s Oil), Michelle Pfeiffer (Love Field), Mary McDonnell (Passion Fish) und Catherine Deneuve (Indochine) hoffen. Und auch Helmut Dietl kann schon mal ein Ticket nach Hollywood buchen: seine Satire „Schtonk“ wurde als deutscher Beitrag auserkohren. Als hoher Favorit in der Kategorie bester fremdsprachiger Film wird allerdings der kolonial-nostalgische französische Streifen „Indochine“ gehandelt, der auch den Golden Globe gewonnen hatte, sowie „Close to Eden“ (Rußland), „Daens“ (Belgien) und „A Place in the World“ aus Uruguay.

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