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Sparzwang als Reformchance nutzen

■ Bündnis 90/Grüne fordert mehr Autonomie für Schulen Freiheiten in finanzieller Sicht kommen der Pädagogik zugute

Berlin. Ein Wasserbett für die schwer Mehrfachbehinderten wollte die Schule am Park in Reinickendorf schon lange anschaffen. Das alljährlich vom Bezirksamt zugewiesene Budget ließ das aber nie zu. Auch Instrumente für musiktherapeutische Arbeit sind nicht drin. „Würden wir unser Geld selbst verwalten, könnten wir uns auch solche Anschaffungen leisten“, sagte Schulleiterin Ursula Focali. Gelder, die man einsparen könnte, durch Energiesparmaßnahmen etwa oder Eigenarbeit bei Reparaturen, müßten dem Bezirksamt zurückgegeben werden. Dieses verfügt darüber, wofür wieviel ausgegeben werden darf. Was am Jahresende übrigbleibt, geht an den Bezirk zurück.

Einen Modellversuch, der die Autonomie der Schulen stärken soll, hat die Fraktion Bündnis90/ Grüne beantragt. Er sieht vor, den Schulen ihre Sachmittel zukünftig als Globalsumme zuzuweisen. Sie sollen in eigener Verantwortung über deren Verwendung entscheiden. Eingesparte Gelder können sie wahlweise für pädagogische Mittel oder eine neue Schulhofgestaltung ausgeben. Sie können sie auch sparen und im nächsten Jahr für eine größere Anschaffung ausgeben. Auch sollen sie Drittmittel einwerben und selbst einsetzen dürfen.

„Das ist in Zeiten, wo überall gespart wird, eine bildungspolitische Reform für alle, die nicht mehr kostet“, sagt die bildungspolitische Sprecherin der Fraktion, Sybille Volkholz. Selbst in konservativen Kreisen sei man sich mittlerweile einig, daß eine Reform der schulischen Bildung bitter nötig sei, und die Diskussion darüber gehöre in die Hand der Beteiligten.

Das gilt auch für die Unterrichtsformen. Immer noch überwiegt die frontale Vermittlung von Wissen im 45-Minuten-Takt. Auch hier sollen die Schulen größere Freiheiten erhalten. Anstatt sich an vorgegebene Wochenstundentafeln halten zu müssen, sollen sie im Rahmen einer Jahresstundentafel über die zeitliche Verteilung des Stoffes entscheiden. „Das würde sowohl fächerübergreifenden Unterricht ermöglichen als auch Projekte, in denen sich Schüler selbst ein Thema erarbeiten“, so Volkholz. Die Einstellung auswärtiger Experten wie Sportler oder Künstler solle ebenfalls erleichtert werden.

Die Jahresstundentafel hält sie auch für „die Lösung des gordischen Knotens“ bei den vier einzusparenden Wochenstunden in der Sekundarstufe eins. Statt die dritte Sportstunde zu streichen, könne man mit einer Jahresstundentafel die Kürzungen gleichmäßig über alle Fächer verteilen. „Mit einem sinnvollen Konzept könnte man so selbst die Kürzungen ohne wesentliche pädagogiche Nachteile umsetzen.“ cor

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