Mehr Show als Theater

■ Die französische Compagnie Black Blanc Beur bei den Tanztheaterwochen

bei den Tanztheaterwochen

Der Saal war schon bereit zu toben, als das Licht ausging. Unzählige, meist junge HipHop-Fans und nicht minder wenige Theatergänger in Erinnerung der letzten beiden Auftritte von Black Blanc Beur auf Kampnagel johlten und klatschten, als sei es das Finale. Zumindest für erstere folgte dann das Erwartete: Die dreizehn jungen Tänzer der französischen Compagnie sättigten ihr Publikum mit Auszügen aus allen Tanzstilen, die der Rap in etwas mehr als zehn Jahren hervorgebracht hatte. Zwar entgingen dem Gros des Publikums, das sich nicht über Jahre mit HipHop beschäftigt hatte, die Feinheiten und Unterschiede, aber dennoch hinterließ das athletische Feuerwerk der oft jugendlichen Tänzer ein begeistertes Kampnagel-Auditorium.

Zu den HipHop-Beats, die von einem Disc-Jockey live brillant gescratcht wurden, benützten die Tänzer typische Moden, Klänge und Bewegungen, um den nicht immer chronologischen Abriß einer Jugendbewegung zu dokumentieren. Von Soloeinlagen, etwa des französischen Pantomimen-Tanzes Smurf, bis zu Dance-Squad-Choreografien, wie man sie von MC Hammer oder Bobby Brown kennt, reichte das Programm. Dazwischen wurden kurze Sequenzen aus dem Leben des „Erfinders“ des Rap, Afrika Bambaataa getanzt, die sich nur demjenigen erschlossen, der bereits wußte, worum es ging.

Trotz des Einfallsreichtums der Tänzer, die ihre Choreografien oft selbst entworfen und trainiert hatten und auch eigene Kreationen zeigten, fehlte dem Abend ein wenig die inhaltliche Klammer. Zu sehr stand die Erscheinung, zu wenig die Geschichte des Rap im Mittelpunkt, so daß mit der sichtbaren Ermüdung der qualitativ sehr unterschiedlichen Tänzer, auch eine Ermattung der Schaulust folgte.

Dabei gibt es kaum ein Thema aus dem Kreis der Jugendkulturen, das sich derartig eindeutig zu Reflexionen über Inhalte und Formen eignet, wie Rap. Erfunden als positiver Schrei aus den amerikanischen Ghettos, war HipHop immer auch eine soziale und politische Bewegung, deren Reduzierung auf modische Formen auch zu grotesken Fehlern führte: So baumelte um den Hals eines als militanten Gang-

1sta-Rapper verkleideten Tänzers ein Peace-Zeichen und eine Gruppe mit dem Malcom-X-Zeichen auf dem Rücken verprügelte und beraubte einen Einzelnen - beides krasse Widersprüche von Sein und Schein.

Derartige Beliebigkeit mit Symbolen und Aussagen des HipHop prägte leider das ganze Stück und ließen Rapetipas zu einer Show werden, die lediglich der Unterhaltung diente. Doch auch die schlichte Darstellung einer Jugendkultur entbindet nicht von dramaturgischer Genauigkeit. Till Briegleb