piwik no script img

Das Kreuz mit den Männern

■ Bremer Kirchentag: Protestanten votierten gegen Frauenbeauftragte

„Das Weib schweige in der Gemeinde!“ Der Satz des Apostels Paulus ist in der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK) immer noch gültig. Auf ihrem jährlichen Kirchentag in der Glocke lehnten es gestern die Delegierten ab, im Haushalt der Bremer Kirche eine neue Stelle für eine Frauenbeauftragte einzurichten. Die meisten Delegierten waren Männer. Zwar votierten mehr als die Hälfte der 184 ChristInnen für den Antrag des Kirchenausschusses, doch eine qualifizierte Mehrheit von sechzig Prozent kam nicht zustande.

Das Weib schweige

in der Gemeinde!

Betroffenheit herrschte bei den Frauen im Saal nach Bekanntgabe des Ergebnisses. Das Thema Frauenbeauftragte hatte den ansonsten ruhigen Kirchentag belebt. Inge Gulit, Vizepräsidentin des Kirchenausschusses, hatte vehement für die Stelle plädiert, weil sie sich von „vielen christlichen Brüdern in der Kirche umgeben sieht, die sich oft zu Vätern wandeln, um den Frauen zu sagen, wo es langgeht.“

In der Diskussion um den Antrag versuchten viele Frauen, dicke Bretter auf Männerseite zu bohren. Eindringlich baten sie um die Bewilligung der Stelle in einer Kirche, in der sich an der Basis sechzig Prozent Frauen engagieren, doch in den Chefetagen eine Christin die Ausnahme darstellt: „Das Argument kein Geld für Frauen habe ich in der Vergangenheit so oft gehört, daß es mir zum Hals raushängt“, meinte eine Gemeindevertreterin.

Die Gründe der Gegenseite, eine Frauenbeauftragte sei nicht finanzierbar und verstoße gegen die gemeindeorientierte Struktur der bremischen Kirchenverfassung, fanden in der geheimen Abstimmung dann eine genügend große Minderheit. Die Delegierten des Bremischen Kirchentages kamen aus 69 Gemeinden und vertraten die etwa 325.000 Protestanten in Bremen. Neben der Frauenproblematik prägten die Diskussion auf dem Kirchenparlament die Fragen zur Asyl- und Fremdenpolitik. Die ProtestantInnen beharrten auf ihrem Recht, sich zu diesem „ureigenen Terrain der Kirche“ auch politisch zu Wort zu melden.

Die Delegierten berieten ebenfalls über den Kirchenetat von fast 126 Millionen Mark, der sich zu achtzig Prozent aus Kirchensteuern deckt und hauptsächlich aus Personalmitteln besteht. Am Rande der Veranstaltung wurde Protest laut gegen die finanziellen Rücklagen der BEK in Höhe von etwa 150 Millionen Mark. Das Geld solle besser zur Linderung der Not eingesetzt werden, hieß es.

Bernhard Pötter

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen