: Ort der Täter bleibt eine offene Wunde
■ Topographie des Terrors: Schweizer Architekt gewinnt Bauwettbewerb/ Kultursenator fordert vom Bund Erklärung
Berlin. Die „Topographie des Terrors“ auf dem Areal des ehemaligen Prinz-Albrecht-Palais soll eine offene städtebauliche Wunde im Stadtgrundriß bleiben. Nach der Durchführung des Realisierungswettbewerbs für eine Ausstellungshalle mit einem Besucher- und Informationszentrum entschied sich die Jury unter dem Vorsitz von Hardt-Waltherr Hämer gestern, den ersten Preis an den Schweizer Architekten Peter Zumthor zu vergeben. Zumthor beläßt in seinem Entwurf das einstige Gelände der SS, der Gestapo und des Reichssicherheitshauptamtes weitgehend offen. Ein schmaler zweigeschossiger Baukörper erstreckt sich dabei in Schrägstellung zum Martin-Gropius-Bau anstelle des provisorischen Ausstellungspavillons. Die lineare Form der Ausstellungshalle zeichnet dabei den bestehenden Weg zwischen den beiden Schutthügeln nach. Durch eine doppelte Stab- und Glashalle soll der Raum den „Charakter einer Stätte der Besinnung aufweisen“, sagte Peter Zumthor. Das Gitterwerk lasse das Gebäude „fremd“ erscheinen und ziele nicht auf „Inszenierungs- und Domestizierungseffekte“. Für das Gebäude an dem „Denk- und Lernort“, so Hämer, habe sich die Jury entschieden, weil der Zumthor-Bau jede „Festlegung auf eine bestimmte Typologie vermeidet“. Die Unfaßlichkeit des Ortes werde noch gesteigert. Die Planung sei insofern „keine Lösung“, da es für diesen Ort keine Lösungen gebe. In dem Entwurf spiegle sich diese Irritation. Der Standort zwischen den beiden Hügeln sei nicht optimal. Der bessere Standort – auf dem angrenzenden Parkplatz der Post – stand dem Architekten nicht zur Verfügung. Der Verzicht der Auslober – die Senatsverwaltungen für Bauen und Wohnen, für Kulturelle Angelegenheiten sowie die Stiftung „Topographie des Terrors“ – auf spektakuläre Entwürfe entspricht der spröden Wirkung des Geländes auf seine Nutzer. Der Umgang mit dem historischen Stadtraum und dem 1987 entwickelten provisorischen Ausstellungshaus habe immer darauf gezielt, „den Ort weiter zum Sprechen zu bringen“, erinnerte Kultursenator Roloff-Momin. „Der Ort der Täter, der nach dem Krieg zugeschüttet und damit zum Sinnbild der Verdrängung wurde, muß gerade heute wieder ins Bewußtsein gebracht werden.“ Roloff- Momin übte an der Haltung der Bundesregierung Kritik. Zum „epochalen Versäumnis“ einer nationalen Gedenkstätte für die Opfer des Faschismus komme hinzu, sagte er, daß von der Bundesregierung eine „Erklärung zum Ort der Scham“ fehle. Der Bund müsse, gerade wegen seiner Nutzungsabsichten auf dem Gelände der Post und im Rohwedder-Haus, den Beschluß akzeptieren. Es müsse „mit Macht darauf gedrängt werden“, daß die Beschlüsse umgesetzt und nicht im Umzugsgetriebe zermahlen würden. 1995, zum 50. Jahrestag der „Befreiung vom Faschismus“, so Roloff-Momin, soll der Bau der Öffentlichkeit übergeben werden. Rolf Lautenschläger
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen