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Mangel an Neugierde und Professionalität-betr.: "Ziemlich enigmastik...", taz vom 16.3.93

betr.: „Ziemlich enigmastik...“, taz vom 16.3.93

In einer Zeit, in der der Terror der Aktualität regiert, freut man sich, wenn ein Thema, das ein halbes Jahr lang die Spalten aller Zeitungen verstopfte, noch einmal in gebührender Länge aufgenommen wird. Schön war es, daß die taz ganz unzeitgemäß sich noch einmal um den GALREV-Verlag und die sogenannte Prenzlauer-Berg- Szene bemühte. Wie das allerdings auf einer ganzen Seite geschah, spottet jeder Beschreibung.

In dem Artikel steht buchstäblich nichts, was nicht spätestens seit einem dreiviertel Jahr bekannt ist. Ungetrübt von jeglichem Interesse beschreibt Marko Martin im Stile eines Besinnungsaufsatzes (50mal „Ich“) seine Reise in den – wie er angewidert anmerkt – „hundeverschissenen“ Prenzlauer Berg und wundert sich dann sehr, daß er unangemeldet nicht von allen, die er dort treffen will, mit offenen Armen empfangen wird. (Bei jedem beliebigen anderen Verlag wäre er, wenn er's nicht für nötig gefunden hätte, sich zu verabreden, ähnlich empfangen worden.) [...]

Die müßten doch etwas zu verbergen haben, so unterstellt er denen, für die er sich einen Nachmittag geruhte zu interessieren. Es ist jedoch nicht nur dieser im Kulturteil der taz leider recht häufig auftretende Mangel an Neugierde und Professionalität, die den Artikel so widerlich macht; es ist v.a. der arrogante Gestus des Autors, der selbstverliebt sein pausbäckig moralisch einwandfreies „Ich“ zum ersten Mal wohl in den Prenzlauer Berg führt, und dem in seinen Beschreibungen nur wohlfeile Denunziationen einfallen: es gibt nur den Stasispitzel und „Geschäftemacher“ „Sascha A.“, nur den IMB Reiner Schedlinksi (in dem Sinne dürfte er Weizsäcker nur als Nazi und diverse Alt-tazler nur als Stalinisten resp. Maoisten bezeichnen); „peinlich, klebrig“ sei die ganze Szene, ohne daß er so genau sagt, was denn nun so „peinlich, klebrig“ sei und – natürlich – die so behelligten konnten ihm nicht einmal offen und deutsch „in die Augen schauen“. [...]

Am Rande sei noch gefragt, ob sich die taz nicht zu schade sein müßte, die beiläufig halbsätzig geäußerte, ziemlich ungeheuerliche Denunziation – daß Anderson für den Tod von Michael Rom und „Matthias“ Baader Holst irgendwie auch verantwortlich sei – abzudrucken? Jörg Wodzinski, Berlin

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