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Drei Anzeigen gegen Schönberg-Deponie

■ Juristen prüfen Umweltgefährdung durch Europas größte Mülldeponie / Strafanträge aus Hamburg, Schwerin und Lübeck

durch Europas größte Mülldeponie / Strafanträge aus Hamburg, Schwerin und Lübeck

Wie lange kann Hamburg seinen Abfall noch in dem Müllschlucker der Nation, der Skandaldeponie Schönberg, verschwinden lassen? Nicht nur der politische Streit um die Hamburger Entsorgungs-Verträge mit der größten Mülldeponie Europas ist in vollem Gange (taz berichtete). Auch die Staatsanwaltschaft Mecklenburg-Vorpommern muß derzeit Überstunden leisten. Zwei Strafanzeigen gegen die Deponiebetreiber beschäftigen derzeit die Juristen. Und die dritte ist schon auf dem Weg.

Sollte von Schönberg, wie in den Anzeigen behauptet, eine „schwere Umweltgefährdung“ ausgehen, droht Europas größter Mülldeponie möglicherweise das Aus. Hamburg, das fast die Hälfte seines Hausmülls in Schönberg entsorgt, stände vor dem Abfallnotstand.

Anzeige Nummer eins hat das mecklenburgische Umweltministerium bereits im Dezember aufgesetzt. Auslöser: Die Spekulationen des Westdeutschen Rundfunks, daß 150 Tonnen dioxinhaltige Seveso- Abfälle trotz fehlender Genehmigungen illegal Anfang der 80er Jahre in Schönberg abgelagert wurden. Der Sprecher der Schweriner Staatsanwaltschaft, Ernst Jäger,

hält diese Vermutungen nach derzeitigem Ermittlungsstand allerdings für „unwahrscheinlich“: „Wir haben keine Hinweise darauf, daß das Seveso-Gift hier ruht“.

Anzeige Nummer zwei haben Lübecker Bürgerinitiativen und die Grünen der Holstentor-Hansestadt erstattet. Sie wollen aufgedeckt haben, daß die Deponiebetreiber illegal hochbelastetes Sickerwasser aus der Müllkippe ungereinigt in die umliegenden Bäche leiten. Während die Betreiber behaupten, das gesammte Sickerwasser werde neuerdings aufbereitet, will Günter Wosnitza von den Lübecker Grünen herausgefunden haben: „Nur ein Drittel der anfallenden Wassermenge wird gereinigt, der Rest vor allem nachts heimlich in die umliegenden Gräben gepumpt“. Staatsanwaltssprecher Ernst Jäger: „Die Ermittlungen laufen“.

Die dritte Anzeige liegt noch nicht auf dem Tisch der zuständigen Staatsanwaltschaft. Der Hamburger Rechtsanwalt Michael Günther schickte die Klageschrift irrtümlich statt nach Schwerin in die Hansestadt Rostock. Fünf Anwohner der Mega-Müllkippe, darunter der Schönberger CDU-Stadtverordnete Christian Arndt, haben Strafantrag wegen „Verdacht des illegalen Betriebes der Deponie“ gestellt.

Ihre Behauptung: Der Betrieb der 1980 eingerichteten DDR-Deponie entspricht nicht den bundesdeutschen Genehmigungsstandards. Außerdem sollen die unter der Müllkippe liegenden Grundwasserleiter bereits erheblich durch Deponiegifte konterminiert sein. Die Staatsanwälte haben nun das Wort.

Marco Carini

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