: Heftige Kritik am DVU-Polizeieinsatz
■ Jugendliche werfen Polizei „äußerste Brutalität“ vor / SPD: „Aktionsformen überdenken“
Heftige Kritik äußerten gestern zwei Jugendgruppen am Einsatz der Bremerhavener Polizei gegen Anti-DVU-Demonstranten am Wochenende. Die Jusos erklärten, daß die Polizei eine friedliche Blockade eines Reisebusses, mit dem Gäste und Mitglieder der DVU von Bremerhaven aus zum Landesparteitag gefahren werden sollten, „mit äußerster Brutalität“ aufgelöst habe.
Anschuldigungen „an den
Haaren herbeigezogen“
Die Jusos berichten von einer Gruppe von 70 Jugendlichen, die am Samstag versucht habe, die Abfahrt des Busses zu verhindern. Im Polizeibericht war von 20 bis 30 Jugendlichen die Rede. Von den DemonstrantInnen sind insgesamt 26 Personen festgenommen worden, darunter zwei Mitglieder des SPD-Unterbezirksvorstandes Bremerhaven. Die Anklagen, die die 26 zu erwarten haben, lauten auf Landfriedensbruch, Nötigung, Beamtenbeleidigung, Körperverletzung, Sachbeschädigung und versuchte Gefangenenbefreiung. „Diese Beschuldigungen sind an den Haaren herbeigezogen und dienen dazu, die Brutalität des Polizeieinsatzes nachträglich zu rechtfertigen“, behaupten Jörn Kroppach und Michael Müller gestern in einer Erklärung der Jusos.
Die Polizei wollte gestern zu den Vorwürfen keine Stellungnahme abgeben. „Im Interesse der Objektivität und der gebotenen Versachlichung gibt die Ortspolizeibehörde Bremerhaven zu der Verlautbarung der Jusos keine Stellungnahme ab.“ Die SPD- Bremerhaven distanziert sich ebenfalls von ihrer Jugendorganisation. Der SPD-Unterbezirksvorsitzende Siegfried Breuer fordert „die jungen Leute auf, ihre Aktionsformen zu überdenken“.
Auch die Jugend gegen Rassismus in Europa (JRE) nahm zu den Auseinandersetzungen in Bremerhaven Stellung. „Bei einer Festnahme nach der Abfahrt des DVU-Busses wurde ein Antifaschist mehrfach mit einem Helm ins Gesicht geschlagen, während drei Polizisten ihn festhielten“, heißt es in einer Erklärung von dirk Wahlers und Sven Hönig, dem Sprecherrat der JRE.
„Wir haben Deeskalations
konzept verfolgt“
Zum Polizeieinsatz rund um den DVU-Landesparteitag am Samstag in Ottersberg nahm gestern auch die Polizei Achim Stellung. Einsatzleiter Bernd Oehl erklärte, daß er von den etwa 300 Anti- DVU-DemonstrantInnen „relativ überrascht“ gewesen sei. Zu Beginn der Demonstrationen habe er lediglich zehn Beamte zur Verfügung gehabt. Deshalb hab er er zunächst auf einen Einsatz verzichtet. Vor Ort habe er dann mit ca. 70 Beamten ein „Deeskalationskonzept“ verfolgt. „Hätten wir versucht, die Störer abzuhalten, wäre es eine Schlacht geworden“, meint Oehl. Der DVU-Bus aus Bremerhaven habe von selbst gewendet, als der Fahrer die AntifaschistInnen auf der Fahrbahn gesehen hat, berichtet Oehl weiter. Zwischen DVU und der Polizei habe es keine Kommunikation gegeben. Gegen 14 Uhr habe die Polizei Ottersberg wieder verlassen. „Ein Auto mit DVU-Aufkleber ist dort zu Klump gehauen worden“, sagte Oehl. Doch sonst habe man Glück gehabt. Vivianne Agena
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