: Modernisierung wird teuer
■ Kritik an geplanten Richtlinien für öffentlich geförderte Modernisierungen / Mieterhöhung auf Mietspiegelniveau
Berlin. Heftige Kritik haben Pläne der Senatsbauverwaltung hervorgerufen, die Mieten bei einem Teil der öffentlich geförderten Modernisierungsmaßnahmen auf den Berliner Mietspiegel anzuheben. Wie am Wochenende bekannt wurde, sollen nach Inkrafttreten der neuen Modernisierungs- und Instandsetzungsrichtlinien ab 2. April jährlich etwa 20.000 Wohnungen als „stadtweite Maßnahmen“ instandgesetzt und modernisiert werden. Dieses bislang kaum praktizierte Modernisierungsprogramm, das vor allem außerhalb der Sanierungsgebiete sowie bei Häusern mit einem geringerem Sanierungsbedarf zum Tragen kommen soll, unterscheidet sich erheblich von der bisher üblichen „umfassenden Förderung“.
Danach betrug die „Einstiegsmiete“ nach Abschluß der mit durchschnittlich 100.000 Mark je Wohnung geförderten Maßnahmen 4,80 Mark pro Quadratmeter zuzüglich Betriebs- und Heizkosten. Bei den „stadtweiten Maßnamen“ wird dagegen nur die Hälfte der Modernisierungskosten gefördert. Der Rest soll von den Eigentümern, wie bei Privatmodernisierungen üblich, zu elf Prozent auf die MieterInnen umgelegt werden. Die neue Miete soll allerdings nicht höher als zehn Prozent über den Mietspiegelmittelwert für einfache Wohnlagen steigen. Dies entspricht freilich einer Mietsteigerung auf bis zu neun Mark je Quadratmeter kalt. Vorgesehen ist außerdem, die Belegungsbindung öffentlich geförderter Wohnungen für sozial Schwache aufzuheben.
Gegenüber der taz betonte Erich Jesse, persönlicher Referent des Bausenators, die Notwendigkeit einer Umverteilung der Mittel. Mit dem bisherigen Mitteleinsatz, so Jesse, hätten jährlich lediglich 2.000 Wohnungen gefördert werden können. „Wenn wir wie damals in Kreuzberg verfahren wollten, müßten wir die Bundesdruckerei besetzen“, umschrieb Jesse die „Zwickmühle“, in der sich die Bauverwaltung befinde. Den Wegfall der Belegungsbindung sowie die Umlagemöglichkeit eines Teils der Baumaßnahmen wollte Jesse auch als Angebot an private Eigentümer verstanden wissen. Statt öffentliche Förderungen in Anspruch zu nehmen, so der Referent, stiegen viele Hausbesitzer eher aus Förderverträgen aus und wollen privat modernisieren.
Als „Förderung der Mieterverdrängung“ kritisierte hingegen Elisabeth Ziemer, wohnungspolitische Sprecherin der Grünen, die neuen Richtlinien. Der Wegfall der Sozialbindung sowie die geplanten Mietsteigerungen seien „alles in allem ein Subventionsprogramm für Besserverdienende und Vermieter“. Der Berliner Mieterverein verwies darauf, daß bei einem Drittel der Ostberliner Mieter bereits jetzt die Grenze der sozialen Belastbarkeit erreicht sei.
Das „Ende der behutsamen Stadterneuerung“ befürchtet die Berliner MieterGemeinschaft. Es sei ein Skandal, so Sprecher Gerhard Heß, daß die Mieterorganisationen mit keinem Wort über die geplänte Änderung informiert worden seien. Angesichts dieser Mietsteigerungen, fürchtet Werner Orlowsky, Ex-Kreuzberger Baustadtrat und nunmehr tätig im Prenzlauer Berg, „sollte es niemand wundern, wenn die Auseinandersetzungen um die Mieten Formen annehmen, die man überwunden glaubte“. Der soziale Friede sei in Gefahr. Uwe Rada
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