: „Ein Ausländerprogramm ist wichtig“
■ SFB-Hörfunkdirektor Jens Wendland zum Start des Infoprogramms B2 und einer möglichen Multikulti-Welle
taz: Warum hat der Sender Freies Berlin (SFB) beim Start des mit dem ORB kooperierten Infoprogramms B2 so stolz darauf verwiesen, daß Moderatoren von den Kommerziellen wie RS2 und Hundert,6 eingekauft wurden?
Wendland: Es sind Kollegen, die direkt von den Privaten kommen, oder auch welche, die früher bei uns waren, weil wir an dieser besonderen Programmform, an diesem Aufbruch für Berlin und Brandenburg bei Radio B2 interessiert waren. In der Mitte des Berliner Radiomarktes, da drängt sich doch alles bisher. Es gibt immer mehr Hörer und Macher, die sagen: Wir behalten unseren einzigartigen Platz nur, wenn wir auf die öffentlich-rechtlichen Stärken setzen.
Und warum dann die B2-Musikumhüllung mit dem fast überall gespielten Klassik-Rock, musikalisch untermalte Schlagzeilen, weniger Beiträge pro Stunde?
Unser Musikprogramm ist von kompetenten Gestaltern gewissermaßen handgemacht, also nicht nur Musikumhüllung. Wir haben insgesamt nicht weniger Beiträge pro Stunde, sondern eine andere Programmstruktur. Morgens, mittags und abens bündeln sich, konzentrieren sich die Informationen. Korrespondentenberichte, Kommentare, Kurzreports. Wir haben ja allein in jeder Stunde Nachrichten und zu jeder halben Stunde einen ausgewachsenen aktuellen Report und am Abend die Einschaltprogramme.
Der SFB hat sich für ein multikulturelles muttersprachliches Radioprogramm auf der 98,2 beworben. Laut Medienrat muß diese Frequenz eventuell für das Programm von BBC geräumt werden, wenn dessen Frequenz an kommerzielle Anbieter geht. Der Medienstaatsvertrag sieht ohnehin nur noch drei Radioprogramme für den SFB vor. Wollen Sie mit dem Multikulti-Programm die vierte Welle retten?
Von retten kann keine Rede sein, es geht nicht um Besetzungsstrategie. Ob wir diese Frequenz zugeteilt bekommen, entscheidet der Medienrat – wir haben einen sehr qualifizierten Antrag gemacht. Bei zehn Prozent ausländischer Mitbürger in Berlin und der derzeitigen Diskussion um die Ausländerfeindlichkeit, der Funktion von Berlin als Ost-West- Kreuz scheint mir ein solches Ausländerprogramm wichtig. Wir leisten dieses tagtäglich, im kleinen Rahmen auf der Mittelwelle. Die Frage ist, inwieweit wir Aspekte der multikulturellen Gesellschaft Berlins in ein solches Programm integrieren können, ob wir deutschsprachige Sendungen zu leisten imstande sind. Jetzt kommt es darauf an: Kann der SFB das selber leisten, wie ist das überhaupt finanzierbar?
Da böte sich das Modell der AL an: Zusammenarbeit des SFB mit Einwanderer-Initiativen und privaten Veranstaltern, Finanzierung aus dem Gebührensäckel der Landesmedienanstalt.
Wir können nur das verantworten, was auch rundfunkrechtlich geht. Und darüber werden wir sicher im Laufe der kommenden Wochen und Monate diskutieren, auch mit der Medienanstalt. Wir jedenfalls haben unseren Antrag nicht aus Verlegenheit gestellt. Aber wir müssen sehen, was wir wirklich leisten, was wir schaffen können.
Sind Sie nun für ein solches Modell oder nicht?
Ich habe diesen Vorschlag gelesen, wir werden das sicher auch im Haus diskutieren. Aber wir können erst einmal nur abwarten, wie der Antrag entschieden wird. Interview: kotte
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen