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Italien: Reformer geht

Mario Segnis Austritt aus den Christdemokraten als erster Schritt zur Neugründung der Volkspartei?/ Krisensitzung beim Staatschef  ■ Aus Rom Werner Raith

Wer nicht vor die Schranken des Gerichts kommt, verläßt derzeit mit fliegenden Fahnen das Wrack der einstigen Staatspartei: nachdem vorige Woche ein Untersuchungsverfahren gegen den siebenmaligen Ministerpräsidenten Giulio Andreotti wegen Verdachts mafioser Bandenbildung eingeleitet wurde und seit Montag gegen den ebenfalls christdemokratischen Ex-Post- und Innenminister Antonio Gava wegen camorristischer Aktivitäten ermittelt wird, hat einer der wenigen noch vorzeigbaren Parade-Katholiken den Bettel hingeworfen: Mario Segni ist aus Fraktion und Partei der Democrazia cristiana ausgetreten. Mit ihm haben weitere populäre Christdemokraten die Tür hinter sich zugeworfen, darunter auch der frühere Fußballstar Gianni Rivera, der als einer der eifrigsten Parteireformer galt.

Der Schritt der „Dissidenten“ kommt freilich nicht unerwartet. Segni hatte bereits vor einem Jahr anläßlich der damals anstehenden Parlamentswahlen einen „Reformpakt“ zur Verfassungsänderung und für ein neues Wahlrecht ins Leben gerufen, dem quer durch alle Parteien mehrere hundert Kandidaten anhingen. Von ihnen wurden dann auch mehr als hundertfünfzig in die Abgeordnetenkammer (sie zählt 632 Mitglieder) und den Senat (312) gewählt. Da sich die Christdemokraten zwar gerne die zahlreichen Stimmen für Segni und seine Gefolgsleute einverleibten, ihren „Mariotto“ dann aber sofort kaltstellten, waren die Spannungen von Woche zu Woche gestiegen.

Doch die Oppositionsparteien sind sich darüber einig, daß Neuwahlen so schnell wie möglich erfolgen müssen, weil die Korruptionsermittlungen bisher schon mehr als ein Viertel der erst vor einem Jahr gewählten Volksvertreter betreffen, das Parlament also längst weitgehend delegitimiert ist.

Segni mußte also ein Zeichen setzen, das seine Glaubwürdigkeit wiederherstellt. Damit aber rückt er zwangsweise einen Schritt weiter in die Richtung, in die ihn kritische Katholiken und konservative Laien längst drängen – die Wiedergründung des „Partito popolare“, einer christlichen, jedoch nicht mehr wie die DC ausschließlich an den Vatikan gebundenen Volkspartei.

Angesichts der neuerlichen Wendungen in der italienischen Staatskrise traf sich gestern Staatspräsident Luigi Scalfaro mit Regierungschef Guiliano Amato und den Vorsitzenden der beiden Parlamentskammern. Bis zu Redaktionsschluß lagen noch keine Ergebnisse der Krisensitzung vor.

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