: Endlich Einsicht, endlich!
■ Die "16 E"-Schicht wird sich in Zukunft um benachteiligte Jugendliche kümmern / Statt struktureller Gewalt jetzt strukturelle Harmonie
-Schicht wird sich in Zukunft um benachteiligte Jugendliche kümmern / Statt struktureller Gewalt jetzt strukturelle Harmonie
Sinneswandel bei SPD-Innensenator Werner Hackann: Die berüchtigte „16E“-Schicht am Revier Lerchenstraße soll bis zum Juni 1993 aufgelöst werden. Das geht aus einer vertraulichen Senatsdrucksache hervor, die der taz zugespielt worden ist. Noch vor Wochen hatte sich Hackmann hinter seine „16E“-Mannen gestellt und ihr Handeln in einem Schreiben an das Stadtteilmagazin „HH 19“ als „hervorragende polizeiliche Arbeit“ gerechtfertigt.
In der Senatsdrucksache heißt es: „Der Einsatz der Sonderwachgruppe ,E‘ hat sich nicht bewährt. Das zeigt auch die große Zahl an Strafanzeigen, die in den vergangenen Jahren gegen die Beamten dieser Gruppe erstattet worden sind.“ Auch im Hinblick auf das Untersuchungsverfahren von Amnesty International London sei eine Auflösung „dringend geboten“.
In dem Papier schlägt Hackmann daher eine „Revision“ des bisherigen Einsatzkonzeptes in sogenannten „Problem- oder Szenevierteln“ vor. Innensenator Hackmann: „Es war falsch anzunehmen, daß die Polizei der strukturellen Gewalt linker und autonomer Gruppen durch polizeiliche Gegengewalt begegnen kann.“
Selbst die im Nahkampf ausgebildete „Sondergruppe E“ hätte bei „größeren Ansammlungen von Störern meist ohne polizeilichen Erfolg abrücken müssen, weil die eingesetzten Kräfte den Störern bekannt gewesen und schnell isoliert worden“ seien. Der Senator weiter: „Die Polizei hat in dieser Auseinandersetzung nur partiell Erfolge verbuchen können. Nämlich dann, wenn es gelang, Repräsentanten des mutmaßlichen Flora-Umfeldes in einem günstigen Moment festzunehmen und dann auf die Wache 16 zu verbringen.“ Dies habe dann entweder zu Strafverfahren gegen die Personen geführt oder psychologisch nachhaltige Folgen gehabt.
In den alltäglichen Auseinandersetzungen hätten Schutzpolizei, Staatsschutz und Verfassungsschutz aber immer wieder Niederlagen einstecken müssen, „weil die Verankerung der linken Szene im Schanzenviertel zu ausgepägt“ sei. Hackmann erinnert an die Flora- Park-Räumung: „Die Polizei mußte nach der Parkräumung mit enormem Aufwand mehrere Wochen die Baustelle schützen. Eingesetzten Kräften wurde in umliegenden Geschäften der Einkauf verwehrt.“ Auch Ablenkungsmanöver wie die Verhaftung von Gauger und Andresen (Plattenlegerverfahren) oder die nächtliche Auseinandersetzung, bei der Frank Fennel schwer verletzt worden war, so Hackmann, „waren untauglich und haben dem Ansehen der Polizei nachhaltig geschadet“.
Hackmann konstatiert, daß sogar Mitglieder der „eigenen Partei“ ins Lager der Flora-Befürworter gewechselt seien. Der Senator erinnert daran, daß Stadtentwicklungssenatorin Traute Müller oder Altonas Bürgermeister Peter Strenge die Flora besucht haben.
In seinem Papier schlägt Hackmann vor, die gut „ausgebildeten und hochmotivierten sowie hochqualifizierten Beamten“ künftig im Jugendschutz einzusetzen, „um dem Aufkeimen politisch motivierter Gewalt schon beim Frühstück zu begegnen“. Kai von Appen
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