: Wegezoll für neue Teerhofbrücke
■ Stadt verpachtet Brücke an Teerhof GmbH / NutzerInnen sollen 1 Mark pro Gang zahlen
Am Montag soll es endlich soweit sein: Die umstrittene neue Teerhof-Brücke dampft auf dem Wasserweg in Bremen ein. Doch das 11,5 Millionen Mark teure Stück sorgt schon wieder für Wirbel: Für den Gang zur Insel soll auf der Fußgänger- und Radlerbrücke Wegegebühr erhoben werden. Derzeit sind eine Mark pro FußgängerIn und 50 Pfennig pro Rad im Gespräch.
Diese Pläne macht nicht etwa die Stadt, sondern die Teerhof GmbH; ihr war der Bau der Brücke im Teerhof-Kaufvertrag mit der Stadt zugesagt worden, und als sich heftige Terminschwierigkeiten abzeichneten, drohte sie mit Regreßansprüchen in Millionenhöhe. Nun soll die Teerhofgesellschaft, hinter der sich die Sparkasse und die Weser-Wohnbau GmbH verbergen, Pächterin der neuen Weserquerung werden.
Der Grund: Wenn die Brücke im Juli in Betrieb genommen werden soll, ist sie über ein Jahr später fertiggestellt, als das im Vertrag seitens der Stadt zugesichert worden war. Aus diesem Grund seien Wohnungen noch nicht verkauft und die Läden nicht verpachtet - so lautet die Begründung der Teerhof GmbH für Schadenersatzansprüche in erklecklicher Höhe.
Genaue Zahlen kamen dabei nicht auf den Tisch — denn die Stadt, die sich bei der Verlegung der „Welle“ bereits mit 400.000 Mark Kosten über den Tisch ziehen lassen mußte, hat sich nun außergerichtlich geeinigt. Der Deal: Die Teerhof GmbH verzichtet auf Schadensersatzforderungen und erhält im Gegenzug für 50 Jahre das Nutzungsrecht für die Brücke. Das ermöglicht ihr nach dem Vorbild italienischer Privatautobahnen, eine Gebühr für den Gang über die Weser zu erheben.
Offensichtlich haben Bau- und Finanzressort — letzteres war an der Terminzusage beteiligt — in einer Art Kurzschlußhandlung gehandelt: Die Chancen, die Schadensersatzklage abzuschmettern, hätten nämlich gar nicht so schlecht ausgesehen. Denn um einen Anspruch auf Schadensersatz geltend machen zu können, muß erstmal ein Schaden entstanden sein. Doch bis heute sind bereits 195 der 220 Teerhof-Wohnungen verkauft, und der Grund für die nicht erfolgte Gewerbeansiedlung ist schlicht der, daß die Läden noch gar nicht bezugsfertig sind.
Doch in Sachen Teerhofbrücke ist die Stadt ein gebranntes Kind: Nach dem ganzen Krach um fehlende Höhe, rollstuhlfeindlichen Neigungswinkel, „Welle“-Verlegung, Konkurs der beauftragten Stahlbaufirma und Regreßansprüche ist das Bauressort wohl davon überzeugt, alles, was mit diesem verflixten Ding zu tun habe, könne sowieso nur noch schiefgehen. Baustaatsrat Jürgen Lüthge: „Wahrscheinlich fällt die Brücke am Montag ins Wasser.“
Zum Deal mit der Teerhofgesellschaft will Lüthge derzeit noch nicht Stellung nehmen. Auch deren Geschäftsführer Werner Schorling äußerte sich gestern nur sehr zurückhaltend über die Wegegeld-Pläne: „Ich möchte da nicht in laufende Verhandlungen eingreifen.“ Wie das pay & walk- System umgesetzt werden soll, bleibt vorerst also im Dunkeln: Ob mit Brückenpförtner an jedem Ende, mit Chip-Karte und 10er- Ermäßigung, ob für AnwohnerInnen frei oder mit ermäßigter Jahreskarte. Und ob die BremerInnen unter diesen Bedingungen die neue Brücke überhaupt akzeptieren werden, bleibt fraglich — die beiden Nachbarbrücken sind eben doch nur ein paar Meter entfernt. skai
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