: „Das Staatsratsgebäude ist ein großes Problem“
■ Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer (CDU) zu den Planungen für die Bebauung der Spreeinsel und zu seinem eigenen Handlungsspielraum
Berlin. Bis zum Sommer werden im Hause des Stadtentwicklungssenators Volker Hassemer (CDU) die Vorgaben für den städtebaulichen Wettbewerb zur Spreeinsel erarbeitet. Mit der Ansiedlung des Auswärtigen Amtes ist ein wesentlicher Eckpunkt für die weiteren Planungen bereits gesetzt – zum Ärger Hassemers, der dieses Ministerium im ehemaligen ZK-Gebäude unterbringen wollte. Die taz befragte den Senator, wie er die verbleibenden Spielräume nutzen will.
taz: Herr Hassemer, macht es noch Spaß, die Stadt zu planen, wenn die Entwürfe von den entscheidenden Instanzen verworfen werden?
Volker Hassemer: Es macht deshalb Spaß, weil es uns, nach großen Beunruhigungen, gelingt, den „Mainstream“ unserer Konzeption durchzusetzen.
Das Außenministerium wird, so der Wille Bonns, an dem Ort des Stadtschlosses und des Palastes der Republik errichtet. Es steht damit in der Kontinuität dominanter staatlicher Präsenz in diesem Bereich. Was setzen Sie dem konzeptionell entgegen?
Ich bin der Auffassung, daß wir das Außenministerium in seiner ganzen Größe dort nicht hinstellen dürfen. Ich verfolge weiterhin die Linie, die ich im Ausschuß Berlin/ Bonn vertreten habe, daß der Außenminister in seiner großen Ausstrahlung und Bedeutung an dieses Zentrum anraint, aber es nicht vollends belegt. Dieser Weg ist durch den Beschluß des Ausschusses, daß für dieses Ministerium die Fläche zwischen Scharrenstraße und Staatsratsgebäude optimal genutzt werden soll, eröffnet. Für das Gebiet des Marx-Engels-Platzes müssen wir an der Konzeption einer staatlichen, öffentlichen und auch öffentlich begehbaren Nutzung arbeiten. Den persönlichen Sitz des Außenministers in Verbindung mit einem Konferenzort, ergänzt durch kulturelle Nutzungen, kann ich mir dort sehr wohl vorstellen.
Reicht ein solcher Nutzungsmix, um die Urbanität des Areals zu sichern?
Das reicht nicht. Zunächst: Es wird der Konferenzort der Bundesrepublik sein, dorthin wollen wir die internationalen Gäste der wenigen hochrangigen Konferenzen, die in Deutschland stattfinden, einladen. Zum zweiten ist eine Bibliothek eine verfolgenswerte Idee für die kulturelle und öffentliche Nutzung, die wir neben herausgehobenen Formen der Restauration dort realisieren wollen. Aber das ist nicht ausreichend, wir müssen daran weiter arbeiten, denn der passende Nutzungsmix fällt uns nicht in den Schoß.
Plädieren Sie für die Wiedererstehung der Kubatur des Stadtschlosses an dieser Stelle?
Für mich war die Kubatur des Schlosses immer eine richtige Antwort. Doch warne ich davor, daß Politiker mit ihren eigenen Formvorstellungen anfangen, Architekten zu werden. Die Umsetzung dieser Grundüberlegung sollte denen überlassen werden.
Trifft das auch auf den Palast der Republik zu, ist dessen Schicksal noch offen?
Der Palast der Republik ist vor allem von der unerhört starken Belastung mit Asbest bedroht. Er wird nach der Sanierung als Palast der Republik nicht mehr erkennbar sein. Deshalb ist das nicht eine vordergründig politische Entscheidung.
Wenn Sie die Masse des Außenministeriums auf dem Areal südlich des Marx-Engels-Platzes unterbringen wollen, stellen Sie damit das Staatsratsgebäude zur Disposition?
Das Staatsratsgebäude ist ein großes Problem, weil es als Zeichen der DDR-Regierungskultur ein Gebäude von hohem zeitgeschichtlichem Wert ist, jedoch stadträumlich außerordentlich problematisch steht. Es macht eine Straße kaputt und steht auf einem wichtigen Platz. Ich werde mich dafür einsetzen, daß der Erhalt nicht vor dem Wettbewerb politisch entschieden wird, sondern in die Ausschreibung reinkommt.
Was machen Sie, wenn Sie sich mit Ihren Vorstellungen gegenüber Bonn wieder nicht durchsetzen?
Wenn meine Vorstellungen sich durchsetzen würden, weil's ohnehin klar ist, wäre ich ja verzichtbar. Wenn es schwierig wird, diese Vorstellungen durchzusetzen, merke ich, daß es wichtig ist, zu arbeiten – das tue ich dann auch. Interview: Dieter Rulff
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