: "Hauptsache, die tun alle wieder was"
■ Zum ertsen Mal stellen Grüne den AStA / Konkrete Projekte statt Kampagnen-Politik
taz: Ihr seid die Gewinner der letzten AStA-Wahlen, habt fast ein Viertel der Stimmen bekommen. Wie erklärt ihr euch diesen Erfolg?
Falk Hocquel: Die Situation war einfach reif für etwas Neues. Nach 20 Jahren an der Macht haben die Jusos und die Nachfolgegruppen von MSB und SHB dringend eine Pause in der Opposition nötig. Der AStA wurde zuletzt so wenig wahrgenommen — leider —, daß es für unsere Wahl schon ausreichte, daß wir massiv mit Forderungen an die Uni-Öffentlichkeit getreten sind. Da mußte sich ja praktisch nur jemand bereitfinden, der das macht. Außerdem hat Grün in den letzten zehn Jahren an Akzeptanz gewonnen. Uns traut man inzwischen zu, richtig verantwortlich Politik zu machen und nicht nur für die Opposition gut zu sein.
Petra Follmar: Wir konnten Gruppen mobilisieren, die bisher nicht gewählt haben. Die Wahlbeteiligung hat sich zwar absolut nur um 5 Prozent gesteigert, aber relativ gesehen ist das ein Drittel und das ist schon enorm. Ich denke, daß wir präsent waren, daß die Studenten das Gefühl hatten, „da kommt etwas Neues“, „da sind Leute, die vielleicht auch noch offener sind“. Das ist jedenfalls unser Anspruch: Kein ASta zu sein, der als Wasserkopf seine abgehobene Politik betreibt.
Es bringt nichts, nach mehr Geld zu schreien
taz Was waren eure Wahlkampf- Themen?
Falk: Ökologie natürlich, ganz speziell das Semester-Ticket, das wir in diesem Semester auf jeden Fall durchsetzen wollen. Und Müllvermeidung auf dem Campus. Des weiteren auch Evaluation der Lehre. Aber nicht, wie der RCDS das macht, mit seinem „Prüf den Prof“ und Ranking für Hochschullehrer, sondern eine gegenseitig akzeptierte Form der Überprüfung der Lehre. Wir wollen, daß die Studenten sich die Uni wieder zu eigen machen. Zum Beispiel wollen wir im AStA ein Evaluationsbüro einrichten, als Anlaufstelle für Studenten, die mit ihren Seminaren Probleme haben. Wir versuchen Politik in konkreten Dingen zu machen, die für die Leute umsetzbar und erlebbar sind. Und im Moment ist im hochschulpolitischen Kontext eben Evaluation das Thema. Auch unter Studenten. Wir versuchen nicht, irgendwelche Multidebatten zu führen und bundesweite Kongresse zu organisieren, die eventuell im Sande verlaufen, sondern wir versuchen, erstmal konkret was zu schaffen. Ohne in Abrede zu stellen, daß das andere vielleicht auch Sinn macht.
taz: Eure Vorgänger im AStA munkeln ja, ihr hättet außer Öko nichts im Kopf. Spielen herkömmliche Themen, wie Überfüllung und Geldknappheit, für euch keine Rolle mehr?
Petra: Das ist bei uns noch nicht ausdiskutiert. Einig sind wir uns wohl darin, daß es wichtiger ist, eine neue Konzeption von Hochschule zu entwickeln und eigene Vorstellungen der Studenten in die gesellschaftliche Diskussion einzubringen. Und daß es nichts bringt, immer nur nach mehr Geld zu schreien. Andererseits wollen wir es schon zu unserem Ceterum Censium machen, daß natürlich mehr Sachmittel gestellt werden müßten. Aber es bringt nichts, einfach ‘more of the same' zu produzieren in die Richtung, in die die Lehre an der Universität bisher läuft.
Falk: Ich glaube, daß sich jetzt in den 90er Jahren politische Systeme massiv ändern werden. Ob das nun der Asylkompromiß oder die Jugoslawien-Frage ist, irgendwie stolpert man von einem unklaren
Universitäten bräuchten mehr Autonomie
Punkt zum nächsten. Das müßte abgelöst werden durch eine klare Staatsvision oder eine Zielvorstellung, wo man überhaupt hin möchte. Das wird in der nächsten Zeit passieren. Und in dem Zusammenhang wird es auch eine Neubewertung der Hochschulen geben. Vielleicht nicht in den nächsten Monaten, aber in den nächsten zwei Jahren. Und da positiv hineinzuintervenieren, auf der Grundlage von dem Daxner-Papier, das schwebt uns vor.
taz: Was verbirgt sich hinter dem Daxner-Papier?
Falk: Es gibt ein Gutachten, an dem übrigens auch Jürgen Lüthje mitgewirkt hat, das Michael Daxner von der Uni-Oldenburg vor zwei Jahren für die Bundesgrünen erstellt hat. Die Idee, die wir sehr interessant finden, ist, Hochschule nicht als staatlich gelenkte Bildungseinrichtung zu verstehen, sondern als Akteur in der zivilen Gesellschaft. Dafür bräuchten die Universitäten mehr Autonomie. Haushaltsrechtliche-Autonomie, wissenschaftliche Autonomie und personelle Autonomie. Die Unis sollten selbst verantwortlich für ihre Entwicklung sein und
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