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Mit dem Video ins Seminar

■ Ratlose Profs holen sich Hilfe beim IZHD / Didaktische Weiterbildungsordnung geplant

holen sich Hilfe beim IZHD / Didaktische Weiterbildungsordnung geplant

Mit der Diskussion um die „Qualität der Lehre“ ist eine Institution der Uni wieder gefragt, die unter Ingo von Münch sogar von der Schließung bedroht war: das Interdisziplinäre Zentrum für Hochschuldidaktik. Seit nunmehr anderthalb Jahrzehnten mühen sich die Mitarbeiter mit Professoren ab, die zwar Vorträge vor Hunderten halten, von Didaktik aber kaum Ahnung haben. „Es fehlt das Bewußtsein, daß man sich mit der Frage nach der Vermittlung des Stoffs überhaupt beschäftigen muß“, konstatiert Jürgen Bruhn, Gründungsmitglied des IZHD. Trotzdem, die Hochschuldidaktiker geben nicht auf. Sie bieten lehrbegleitende Beratung für Uni-Lehrer an, die sichtbar machen sollen, was in den Seminaren tatsächlich an Kommunikation abläuft.

Wirtschaftsprofessor Dietrich Budäus ließ es auf einen Versuchmit dem IZHD ankommen. Nachdem zwei Drittel der Studenten in einer Seminarprüfung durchgefallen waren, kam auch bei ihm die Erkenntnis: „Das kann nicht nur an den Studenten liegen“. Er wandte sich an die Leute vom IZHD, die kamen mit der Videokamera ins Seminar. Ihre Aufzeichnungen brachten die Wahrheit an den Tag. „Da sind ganz schöne Klopse abgelaufen“, berichtet Budäus von seinem ersten Eindruck. „Da meldet sich eine Studentin stundenlang, ich sehe sie nicht und langsam wird ihr Finger immer kleiner.“ Zwar müsse man sich die Videofilme mit einer gewissen persönlichen Distanz ansehen, so der Hochschullehrer,

1doch „die Lernprozesse sind posi- tiv gewesen.“ Er veränderte sein Seminarkonzept und setzte seine Studenten in den Kreis.

Als Chemieprofessor Armin Reller vor einem Jahr aus Zürich an die Hamburger Uni wechselte, bekam er es erst einmal mit der Angst zu tun: „Ich hatte noch nie so große Vorlesungen gehalten.“ Gut 150 Studenten wollten ihr Wissen in seiner Experimentalvorlesung zur allgemeinen und anorganischen Chemie verbessern. Armin Reller verzweifelte vor allem an der Schulbildung seiner Schüler: Sie würden nicht flexibel genug denken können. Ein Glücksfall, so Reller, habe ihn mit Jürgen Bruhn zusam-

1mengebracht. Der Chemiker setzte sich mit dem Laien zusammen, gemeinsam konzipierten sie die neue Vorlesung. „Soviel wie in diesem Semester habe ich noch nie gelernt“, bilanziert Reller.

Professoren lernen zu forschen, die Fähigkeit zu lehren spielt in ihrer Ausbildung keine Rolle. Der Versuch des IZHD, Hochschuldidaktik zum Pflichtfach zu machen, scheiterte vor 14 Jahren am Hamburger Hochschulamt. Im 5-Punkte-Katalog des IZHD zur Verbesserung der Lehre, der demnächst im Akademischen Senat verhandelt wird, steht erneut eine „Didaktische Aus- und Weiterbildungs-ordnung“ zur Debatte. Florian Frank

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