piwik no script img

Wenig Dialogchancen in Äthiopien

■ Oppositionsgruppen fordern eine neue Nationalkonferenz – und werden aus dem Parlament ausgeschlossen

Addis Abeba/Berlin (dpa/taz) Das von der Regierungspartei „Revolutionäre Demokratische Front des Äthiopischen Volkes“ (EPRDF) dominierte äthiopische Parlament hat fünf kleine Parteien ausgeschlossen und das nach Rundfunkberichten mit der Beteiligung dieser Parteien an einem Oppositionstreffen in Paris begründet. Die fünf Parteien, Teil des südäthiopischen Parteienbündnisses „Southern Ethiopian Peoples' Democratic Coalition“ (SEPDC), das verschiedene Volksgruppen vertritt, erhielten eine Woche Zeit, um gegen den Ausschluß Widerspruch einzulegen. Auf dem Pariser Treffen waren nach Darstellung des Rundfunks Resolutionen verabschiedet worden, nach denen in Äthiopien weder Gesetz und noch Ordnung herrschten. Staatspräsident Meles Zenawi sagte, Kabinettsmitglieder, nach deren Auffassung die Regierung nicht existieren sollte, sollten ihren Rücktritt erklären. Die fünf Gruppierungen waren mit zwei Vizeministern in der äthiopischen Regierung vertreten.

Vom 11. bis 13. März hatte in Paris eine „Konferenz für den Frieden in Äthiopien“ stattgefunden, an der die SEPDC teilgenommen hatte. In der Abschlußresolution der Konferenz, die der taz vorliegt, wird scharfe Kritik an der EPRDF- Regierung geübt und „schwere Menschenrechtsverletzungen unter allen Bevölkerungsgruppen“ konstatiert. Die EPRDF habe „unschuldige Zivilisten massakriert und Dörfer in vielen Landesteilen verbrannt“; die Regierung habe „keinen Respekt für das Gesetz“ und ihre Entscheidungen seien „für die äthiopischen Völker nicht bindend.“ Gefordert wird die baldestmögliche Einberufung einer neuen Nationalen Versöhnungskonferenz, um den im Sommer 1991 begonnenen und von der Regierung „verstümmelten“ Demokratisierungsprozeß wieder in Gang zu bringen.

Insgesamt nahmen sieben äthiopische Oppositionsgruppen an der Konferenz teil, darunter auch die „Oromo Liberation Front“ (OLF), die nach ihrem Austritt aus der äthiopischen Übergangsregierung im Juni 1992 den bewaffneten Kampf wieder aufgenommen hatte. Die nach der Niederschlagung einer Studentendemonstration in Addis Abeba verbotene „All Amhara People's Organisation“ (AAPO) hatte keine Ausreisegenehmigung erhalten.

In der Abschlußresolution wird auch die regierende EPRDF zu der angekündigten „Versöhnungskonferenz“ eingeladen. Nach Angaben der OLF ist diese Einladung bereits abgelehnt worden. OLF- Sprecher Taha Abdi kündigte gegenüber der taz an, die Konferenz werde trotzdem vorbereitet: „Zu ihrem eigenen Nutzen sollte die EPRDF teilnehmen.“ D.J.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen