: Schlagstock statt Mauer
■ Beim Bundesgrenzschutz Ost sind seit gestern Hilfssheriffs angestellt
Berlin (taz) – Weder „Zaun noch Mauer“ sollen an der deutschen Ostgrenze entstehen, versicherte gestern der Kommandant des Grenzschutzpräsidiums Ost. Diethelm Brücker: „Das will keiner, und das ist nicht sinnvoll.“ Und wohl auch nicht nötig, denn dafür gibt es ja den Bundesgrenzschutz. Der nahm am Wochenanfang die ersten 50 „grenzpolizeilichen Unterstützungskräfte“ in seinen Dienst – pünktlich zum Inkrafttreten neuer Regelungen für die Beschleunigung von Asylverfahren am 1.April.
Bis Juni werden noch weitere 550 Hifssheriffs eingestellt, insgesamt sollen es 1.700 werden. Sie sollen den 7.800 BGS-BeamtInnen an der deutsch-polnischen und der deutsch-tschechischen Grenze bei der Administration aber vor allem bei der Fahndung nach „illegalen Grenzgängern“ helfen.
Die Hilfskräfte sind zumeist in der Grenzregion heimisch, werden zunächst für drei Jahre angestellt, und – wenn sie nicht am Schreibtisch arbeiten – in einem Sechs- Wochen-Kurs geschult. Schußwaffen sollen sie nicht in die Hände bekommen, aber Schlagstöcke und Reizgas. Bedenken, daß Ausländerfeinde ihr Hobby zum Job machen und sich beim BGS verdingen könnten, hat Brücker nicht im geringsten: „Da ist wohl jeder Gefahr begegnet worden.“ Die Gefahr hat man nach Angaben Brückers dadurch gebannt, daß mit den Kandidaten „ausführliche Gespräche“ geführt worden seien. „Außerdem haben sie drei Monate Probezeit und sind nur zusammen mit Grenzvollzugsbeamten im Einsatz.“
Nach Brücker haben 1992 30.000 Menschen versucht, „illegal“ über die grüne Grenze einzureisen; 70 Prozent davon seien Rumänen gewesen. Brücker: „Das Geschäft ist fest in Händen von Schleusern und Schleppern.“ Ihre Verfolgung sei allerdings „nicht so erfolgreich“. Weitere 25.000 Menschen seien an den 42 Grenzübergängen zurückgewiesen worden. Von den Flüchtlingen hätten nur 2.072 um Asyl nachgefragt. Im ersten Vierteljahr 1993 wären 12.500 „illegale Grenzgänger“ aufgegriffen worden. Unter ihnen sei die Zahl der Flüchtlinge aus China stark gestiegen. 230 wären es in diesem Jahr gewesen; alle hätten einen Asylantrag gestellt.
Ziemlich hilflos sind die Grenzschützer gegenüber Autoschmugglern. Zwischen 36.000 und 48.000 Fahrzeuge wurden im letzten Jahr über die Ostgrenze entführt, davon sind gerade mal 614 an der Grenze entdeckt worden. bam
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