: Krajina: Kroatien will UNO-Garantien
Die Verwirklichung des am Dienstag abend geschlossenen Abkommens zwischen Kroatien und den Krajina-Serben ist nicht gesichert / UNO will Blauhelmtruppen verstärken ■ Aus Genf Andreas Zumach
„Wenn wir keine absoluten Garantien der UNPROFOR über die Entwaffnung der serbischen Freischärler erhalten, werden sich unsere Truppen auch nicht zurückziehen.“ Mit dieser Äußerung hat der kroatische Verteidigungsminister Gojko Susak gestern Zweifel genährt, daß das am Dienstag abend in Genf von Vertetern der Zagreber Regierung und der Serben der Krajina-Region unterzeichnete Abkommen über eine Beilegung des Konflikts an der dalmatinischen Küste auch umgesetzt wird. Spätestens vier Tage nach Inkrafttreten des Abkommens soll in den UNO-Schutzzonen sowie „angrenzenden Gebieten“ ein Waffenstillstand eintreten. Innerhalb der folgenden zehn Tage müssen die kroatischen Truppen vollständig hinter die Waffenstillstandslinie von 1992 zurückgezogen werden, die bis zum Wiederbeginn der Kämpfe am 22. Januar die Frontlinie bildete. Bewaffneten Verbänden der Krajina-Serben ist es untersagt, in die von den Kroaten geräumten Gebiete nachzurücken.
Die Blauhelmtruppen in den Zonen werden nach Auskunft von Herbert Okun, Stellvertreter des UNO-Vermittlers Cyrus Vance zunächst um zwei Bataillone verstärkt. Ebenfalls innerhalb von zehn Tagen nach Beginn des Waffenstillstandes müssen die serbischen Verbände die schweren Waffen zurückgeben, die sie nach der kroatischen Offensive vom Januar aus UNPROFOR-Depots erbeutet hatten.
Die von Verteidigungsminister Susak verlangte „absolute Garantie“ kann die UNPROFOR vorab allerdings nicht geben. Eine Reihe von Einrichtungen und Verkehrsverbindungen, mit deren Rückeroberung die kroatische Regierung ihre Offensive begründet hatte, sollen künftig uneingeschränkt allen Personen zur zivilen Nutzung offenstehen, darunter auch die Maslenica-Brücke und der Peruca- Damm sowie die jeweils dazugehörenden Einrichtungen. Überwacht werden sollen die Nutzung sowie die notwendige Reparatur einiger dieser Einrichtungen und Straßen ausschließlich von UNPROFOR.
Das ganze Abkommen mit den erwähnten Fristen tritt erst in Kraft, wenn Kroatien wie auch die Krajina-Serben ihre schriftliche Zustimmung zu einem Zusatz erklärt haben: 15 Tage nach Inkrafttreten des Abkommens sollen beide Seiten unter UNO-Federführung Gespräche über die Umsetzung der noch nicht erfüllten Vereinbarungen des Vance-Plans vom Frühjahr 1992 beginnen.
Kämpfe in Ostbosnien
Sarajevo (AP) – Das UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR will heute einen erneuten Versuch machen, über zehntausend Bewohner des belagerten ostbosnischen Srebrenica zu evakuieren. Mitarbeiter von UNHCR wollten gestern mit Vertretern der bosnischen Behörden in Srebrenica und Tuzla sprechen, um deren Zustimmung zur Evakuierungsaktion zu erreichen. Ein Vertreter der UNO-Truppen, Bill Karatkin, berichtete gestern, südlich der Stadt werde weiterhin gekämpft. Daß der seit zehn Tagen gültige Waffenstillstand halte, könne man wirklich nicht sagen, fügte er hinzu.
Der Führer der bosnischen Serben, Radovan Karadžić, der am Dienstag ursprünglich nach Moskau reisen und sich dort der Unterstützung russischer Parlamentsabgeordneter versichern wollte, hat seine Reise bis auf weiteres verschoben. Er begründete dies unter anderem mit dem Besuch des griechischen Ministerpräsidenten Konstantin Mitsotakis in Belgrad.
In Brüssel wollten die Nato- Botschafter gestern letzte Hand an die Pläne zur militärischen Durchsetzung des Flugverbots über Bosnien-Herzegowina legen. Am Dienstag hatte es am Nato-Sitz geheißen, es würden etwa sechzig bis siebzig Kampfflugzeuge benötigt. Der britische Verteidigungsminister Malcolm Rifkind sprach sich unterdessen gegen ein massives Eingreifen des Westens in den Bosnienkrieg aus.
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