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Partytime in Ivonnes Monsterland

■ Nach 25 Jahren: Durand-Tochter übernimmt Salambo / Neues Programm haut taz-Voyeur nicht aus der Unterhose

/ Neues Programm haut taz-Voyeur nicht aus der Unterhose

Blumen für die Regisseurin, artiger Applaus von den Journalisten für die neue Inszenierung. Zufrieden sei sie, plauderte Ivonne Durand am Donnerstag abend über ihr neues Programm im Bumstheater „Salambo“. Zum ersten Mal hat sie ohne Hilfe ihres Vaters René eigenständig eine Show erdacht und das ausgerechnet zum 25jährigen Jubiläum der Bühne, die 1968 den legendären Star-Club verdrängt hatte.

Fünf Monate hat es gedauert bis die Modernisierungsarbeiten in dem Haus an der Großen Freiheit vollendet und alle Szenen eingeübt waren. In „Sextasia Nummer 1“, ist es Ivonne Durand gelungen, mehr tänzerische Elemente in die Show einzubauen, zudem sind die Kostüme wesentlich aufwendiger und auch die Bühnentechnik. Zumindest verbal — auf der Getränkekarte des Etablissements — wird dann auch eilfertig die neue Ära des Sex-Expressionismus auf deutsch, englisch und japanisch eingeläutet.

Trockeneis vernebelt die Bühne, ein spärlich bekleidetes Ballett bewegt sich zu den Klängen von „In the air tonight“ von Phil Collins in einer Ästhetik, die arg an den Videosender MTV erinnert. Eine Tonbandstimme macht darauf aufmerksam, daß es sich hier um die Tafelrunde König Arthurs handle und offenbart dem beeindruckten Zuschauer, daß auch der edle Rittersmann „das Ding, nicht nur zum strullen hat.“ Das gute Stück, eingepackt in Plastik, fast so wie ein Würstchen in der Selbstbedienungstheke eines Supermarktes, verschwindet dann kaum noch aus dem Bild.

Nach Arthurs Tafelrunde ist die versunkene Stadt Atlantis Vorwand für die bekannten Gymnastikübungen auf der Bühne. Plastikfolien simulieren die Unterwasserwelt, in der sich die thailändischen und brasilianischen „ArtistInnen“ recht heftig bewegen. Unterbrochen durch Playbackeinlagen von Transsexuellen während der Umbaupausen betätigen sich dann Frankensteins Monster, das Phantom der

1Oper und weitere aus Funk und Fernsehen bekannte Figuren im Programmteil „Partytime in Monsterland“ zu Hip-Hop-Klängen. Schließlich das Finale: die Eiskönigin agiert in einem Pappmaché-Iglu.

Viel Aufwand wird da betrieben, um das Eine in Szene zu setzen. Massenhaft Trockeneisnebel versprüht, viele bunte Lichter angebracht und aufwendige Kostüme genäht, derer sich dann schnell entledigt wird.

„Blonde Schwedinnen fehlen“, monieren in der Intimität der Herrentoilette Vertreter der Hamburger Journaille. Ein Manko, daß einige dadurch zu kompensieren versuchten, daß sie sich mit ihren

1Zoom-Objektiven der Schamlippenbekenntnisse der Darstellerinnen widmeten.

Die teils kosmisch, auf jeden Fall komisch wirkende Show, stand also im Vordergrund des Interesses — im Gegensatz zum Juli vergangenen Jahres, als Ordnungshüter die Bühne schlossen, weil sie mutmaßten, im Salambo werde Prostitution gefördert. „Das ist vom Tisch“, erklärt René Durand den neuesten Stand in Sachen Beziehungskiste mit den Behörden.

Der Altmeister selbst träumt inzwischen übrigens von einem neuen Varieté so ganz ohne Sex, das er demnächst schräg gegenüber der alten Heimat eröffnen will. Kader

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