: Fäkalien in der Zelle
■ Gefängnis Fuhlsbüttel: Verfassungsgericht moniert Haftbedingungen / Station geschlossen
: Verfassungsgericht moniert Haftbedingungen / Station geschlossen
Schlappe für Hamburgs Justiz: Auf Beschluß des Bundesverfassungsgerichts mußte die Justizbehörde die „Absonderungsstation Dora I“ in der Haftanstalt Fuhlsbüttel wegen „menschenunwürdiger Haftbedingungen“ schließen.
Den Stein hatte der Strafgefangene Hans-Jürgen H. ins Rollen gebracht. Der Jurist verbüßt in Fuhlsbüttel eine mehrjährige Haftstrafe und befindet sich wegen eines weiteren Deliktes in Untersuchungshaft. Aufgrund des noch nicht abgeschlossenen Verfahrens ordnete der Haftrichter im Oktober 1992 für H. strikte Einzelhaft mit Brief-, Telefon- und Besuchskontrolle an.
Die Einweisungskommission der Justizbehörde verfrachtete Hans- Jürgen H. in die „Absonderungsstation Dora I“ — ein altes Kellergeschoß des um die Jahrhundertwende gebauten Gefängnistrakts von „Santa Fu“. Dort kommt es seit geraumer Zeit wegen Defekten im Abwassersystem zu Überschwemmungen.
Im Januar beantragte H., ihn in einem anderen Haftraum außerhalb der Station „D 1“ unterzubringen, weil bei ihm mindestens einmal in der Woche Fäkalien in die Zelle gespült wurden. Die Justizbehörde lehnte seinen Antrag mit Hinweis auf die Haftauflagen ab.
Hans-Jügen H. klagte vor dem Hamburger Landgericht auf Erlaß einer Einstweiligen Verfügung. Die Kammer wies seine Klage aus formalen und inhaltlichen Gründen zurück. H. habe es versäumt, gegen den Beschluß der Einweisungskommission der Justizbehörde Widerspruch einzulegen. Zudem könne das Gericht eine Gesundheitsgefährdung nicht erkennen. Außerdem habe H. bestenfalls Anrecht auf Unterbringung in einer anderen Zelle der Station „Dora I“, aber keinen Anspruch auf Verlegung in eine andere Anstalt.
Das Bundesverfassungsgericht (BVG) sah das anders: Nach Auffassung des 2. Senats verstoßen die Haftbedingungen gegen die Menschenwürde. Der stellvertretende BVG-Präsident Mahrenholz: „Die Würde des Menschen zu achten und zu schützen, ist die Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. Für den Strafvollzug bedeutet dies, daß die grundlegenden Voraussetzungen individueller und sozialer Existenz des Menschen dem Gefangenen auch in der Haft erhalten bleiben müssen.“ Es sei einem Strafgefangenen nicht zuzumuten, in einer ständig mit Fäkalien verunreinigten Zelle zu leben.
Die Justizbehörde hat jetzt die Konsequenzen aus der „Kloaken- Affäre“ gezogen und die Station „Dora I“ geschlossen. Für die Betroffenen bedeutet dies allerdings keine Verbesserung. Denn die rund 40 Gefangenen sind jetzt in den Hochsicherheitstrakt der benachbarten Anstalt Suhrenkamp verlegt worden. Kai von Apppen
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